Auch wenn die übers Land verteilten A-Städte das Augenmerk der Immobilieninvestoren auf sich ziehen, haben die Top-7 zusammen lediglich rund zehn Millionen Einwohner. Das entspricht weniger als einem Achtel der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Wer sich nur auf diese Städte konzentriert, lässt ein enormes Potenzial ungenutzt. B-Städte wie Bremen, Hannover, Bonn, Essen, Mannheim oder Nürnberg sind keine Dörfer, sondern veritable Großstädte mit hoher Lebensqualität, starken wirtschaftlichen Strukturen und global agierenden Playern.
Die historisch gewachsene und ausgeprägte Dezentralität Deutschlands bedeutet auch, dass sich wirtschaftliche Aktivitäten und Chancen verteilen. So finden sich zahlreiche erfolgreiche Mittelstandsunternehmen und mehr als die Hälfte aller DAX-Konzerne nicht in den A-Städten, sondern in B- und C-Städten. Diese Unternehmen sind oft Weltmarktführer in ihren Nischen und bieten stabile und langfristige Mietverhältnisse in eher unbekannten Städten wie Wetzlar und Herzogenaurach, in denen etwa der Kamerahersteller Leica und der Sportartikelhersteller Adidas seinen Hauptsitz hat. Auch die Erfolgsgeschichte von SAP begann nicht in einer Metropole, sondern in Walldorf, was zeigt, dass wirtschaftliche Stärke auch in der Provinz zu finden ist und dort die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklung gegeben sind.
Attraktive Preis-Leistungs-Verhältnisse
Immobilieninvestoren, die sich auf die Top-7 konzentrieren, verpassen oft die attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnisse in B-Städten. In A-Städten sind die Preise hoch und der Markt stärker umkämpft. In B-Städten hingegen sind die Preise oft moderater und die Renditen können attraktiver sein, wenn man mit genug Expertise in ansprechende Objekte und Lagen investiert. So lassen sich qualitativ hochwertige Objekte in zentralen Lagen zu vernünftigen Preisen finden.
Dass sich die großen Player im Immobilienbusiness eher auf A-Städte konzentrieren, ist außerdem ein Vorteil für Immobilieninvestoren, die Chancen suchen. Wer einem institutionellen Investor in Boston oder Aberdeen erklären muss, warum sich ein Investment in Münster rechnet, gerät schnell in Erklärungsnot, wenn sein Gesprächspartner noch nie von der Stadt gehört hat. Diese Ausgangslage machen sich spezialisierte Immobilienunternehmen zunutze. Sie stoßen in eine Lücke, verfügen über die professionelle Expertise und haben Finanzierungspartner, häufig Volksbanken und Sparkassen, an der Hand, um attraktive Objekte zu erwerben, die für kleinere Anleger wiederum zu teuer oder nicht finanzierbar sind.
Stabilität und Langfristigkeit
Was B-Städte außerdem attraktiver macht, ist die geringere Liquidität am Markt. Das scheint zunächst kontraintuitiv, erklärt sich aber dadurch, dass opportunistische Investoren sich nicht in solche Städte einkaufen – schnelle Ein- und Ausstiege sind weniger leicht möglich. Stattdessen liegt der Fokus der dort aktiven Marktteilnehmer auf langfristigen Anlagehorizonten mit stabilen Renditen und langjährigen Mietverträgen, was diese Immobilienmärkte stabiler und weniger volatil macht. Preisübertreibungen wie sie in den A-Städten zu Boomzeiten stattfinden, sind hierbei nicht vorhanden. Das hat sich auch zuletzt beim Preisverfall der vergangenen zwei Jahre bemerkbar gemacht: Dadurch, dass B-Städte eher von langfristig denkenden Investoren dominiert sind, fielen die Korrekturen deutlich geringer aus.
Dies bietet eine stabile Investitionsmöglichkeit, besonders für Anleger mit einem hohen Bedürfnis nach Sicherheit. Solide Mieter wie Sparkassen, die attraktive Objekte in größeren Städten besitzen wollen, sind oft die Regel. Ein weiterer Vorteil aus Investorensicht ist die geringere Abhängigkeit von einzelnen Großmietern. In A-Städten sind große Bürogebäude oft von wenigen großen Unternehmen abhängig. In B-Städten hingegen gibt es häufig eine größere Vielfalt an Mietern, was das Risiko für Investoren reduziert. Trotz häufigerer Multi-Tenant-Angebote sind die Mietverhältnisse langfristiger und stabiler, was für nachhaltigere Investitionen spricht. Das Asset Management hingegen ist allerdings teilweise etwas anspruchsvoller und aufwendiger.
Lebensqualität und Infrastruktur
B-Städte bieten außerdem oft eine hohe Lebensqualität, geringere Arbeitslosigkeit und höhere Kaufkraft, was sich auf die Mietpreisspiegel auswirkt. Städte in Süddeutschland, wie etwa Bad Tölz, haben die bundesweit niedrigste Arbeitslosenquote. Zudem sind viele B-Städte hervorragend an die deutsche Infrastruktur angebunden, sei es durch Wasserwege, Schienen oder Flughäfen. Beispiele wie Kassel, Freiburg oder Aachen zeigen, dass man auch von C- oder D-Städten aus schnell wichtige Knotenpunkte erreichen kann.
Die höhere Lebensqualität in B-Städten ergibt sich dabei aus Faktoren wie weniger Stadtfläche, weniger Verkehr und einer besseren Work-Life-Balance. Wege zur Arbeit können mit dem Auto oder Fahrrad in weniger Zeit zurückgelegt werden als mit dem öffentlichen Personennahverkehr flächiger Metropolen wie München, Hamburg und Berlin. Zudem haben viele B-Städte eine attraktive Umgebung mit Zugang zu Natur und Freizeitmöglichkeiten, was sie für Familien besonders attraktiv macht.
Mut zur Lücke
Investitionen in B-Städte bieten also zahlreiche Vorteile, die in den stark umkämpften A-Städten schwer zu finden sind. Von einer stabileren Marktsituation über attraktivere Preis-Leistungs-Verhältnisse bis hin zu einer hohen Lebensqualität und guten Infrastruktur – B-Städte stellen eine lohnende Alternative dar. Wer den gesamten deutschen Immobilienmarkt in Betracht zieht, kann von diesen vielfältigen Chancen profitieren.
Fazit
Auf der Suche nach sichereren Häfen in unruhigen Zeiten bieten B-Städte für Investoren, die bereit sind, über den Tellerrand hinauszuschauen, erhebliche Vorteile. Die starke Dezentralität Deutschlands, die wirtschaftliche Stärke in der Provinz, die Stabilität und Langfristigkeit der Märkte sowie die geringere Konkurrenz machen B-Städte zu einer äußerst attraktiven Investitionsmöglichkeit. Wer sich auf die Top-7 beschränkt, verpasst die vielfältigen Chancen, die der deutsche Immobilienmarkt in B-Städten bietet.
---
*) Christoph Geißler, Geschäftsführer von IMAXXAM