Schon lange ist ein Trend zu einer stärkeren Betonung des aktiven Asset Managements erkennbar. Dafür gibt es mehrere Ursachen, unter anderem die deutlich gesunkenen Renditen, die neuen technischen Möglichkeiten durch die Digitalisierung sowie steigende Ansprüche vieler Mieter. Dieser Trend zu aktiverem Asset Management wird sich infolge der Corona-Krise beschleunigen und fest verankern.
Für viele Unternehmen und ihre Mitarbeiter verändert sich gerade die Einstellung zum stationären Büroarbeitsplatz. Millionen Bürobeschäftigte in Deutschland und weltweit arbeiten derzeit mehr oder weniger notgedrungen im Homeoffice. Sofern sie dort ungestört arbeiten können, stellen sehr viele dabei fest: Es funktioniert. Oftmals besser als gedacht, manchmal vielleicht sogar besser als im Büro. Nicht nur bei den Arbeitnehmern steigt die Akzeptanz. Auch so mancher Arbeitgeber stellt jetzt fest, dass die Technik in den meisten Fällen funktioniert und sich ein bisschen Vertrauensvorschuss in die Mitarbeiter durchaus lohnen kann. Die Stigmatisierung, die mit dem Begriff Homeoffice einstmals einherging und vereinzelt immer noch -geht, weicht einem breiten beiderseitigen Zuspruch.
Gleichzeitig stellen aber auch viele Arbeitnehmer wie Arbeitgeber fest: Ganz ohne Büro geht es nicht. Homeoffice ist nicht das allein seligmachende Arbeitsplatzkonzept. Nach Wochen am heimischen Schreibtisch werden es viele Arbeitnehmer kaum erwarten können, wieder ins Büro zu kommen. Und längst nicht jeder findet zu Hause die nötige Ruhe, um dort jeden Tag konzentriert arbeiten zu können. Die Vorschläge aus der Politik, ein allgemeines Recht auf Homeoffice einzuführen, sind aus Fairness-Gesichtspunkten ein zweischneidiges Schwert – schließlich ist das nicht überall möglich. Doch die Diskussion zeigt: Das Thema hat schlagartig an Relevanz gewonnen.
Kein „Entweder-oder“, sondern „Sowohl-als-auch“
Es geht also nicht um ein Entweder-oder, sondern um flexible Optionen zwischen Büro und Homeoffice. Für den Arbeitgeber stellt sich dann die Frage, ob er überhaupt noch für alle Beschäftigten einen festen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen sollte, wenn ein Teil der Mitarbeiter ohnehin nicht am Platz ist, sondern im Homeoffice, im Urlaub oder krank.
Das setzt freilich einen Mentalitätswandel bei den Mitarbeitern voraus: weg vom Territorialanspruch des eigenen festen Schreibtischs und hin zu größerer Flexibilität beim Arbeitsplatzverständnis. In vielen Betrieben ist dies bereits zu beobachten, gerade bei jüngeren Beschäftigten. Die technischen Möglichkeiten sind problemlos gegeben – der Cloud sei Dank. Doch wie viele Büroarbeitsplätze beziehungsweise wie viel Bürofläche muss der Arbeitgeber am Ende vorhalten? Kaum ein Arbeitgeber kann das pauschal beantworten.
Deshalb werden nach der Corona-Krise flexible und modulare Flächenkonzepte, die mit den Anforderungen der Unternehmen atmen können, mehr denn je gefragt sein. Hier kommt das aktive Asset Management ins Spiel. Künftig wird das Asset Management den Büromietern ermöglichen müssen, für kurzfristigen Bedarf zusätzliche Büroflächen oder Meetingräume anbieten zu können oder nicht mehr benötigte Flächen auch wieder abzugeben. Flexible-Workspace als Sammelbegriff, der auch das hippe Coworking beinhaltet, erhält dadurch eine ganz neue Bedeutung. In einem größeren Multi-Tenant-Bürogebäude wird es in Zukunft völlig normal sein, Kapazitäten freizuhalten, damit die Mieter atmen können, und gemeinsam genutzte Infrastruktur vom Empfangs-Service bis zur Cafeteria anzubieten. In diesem Zuge wird sich auch das Coworking vom Hype zur alltäglichen Dienstleistung in gesund geschrumpfter Dimension weiterentwickeln.
Investoren sehen in kurzfristigen Verträgen eher Chancen als Risiken
Damit wird sich die Büroflächennachfrage nachhaltig ändern. Großflächige Anmietungen werden in den Hintergrund treten, kleinteilige Anmietungen immer wichtiger. Gleichzeitig werden flexiblere Mietverträge mit kürzeren Laufzeiten abgeschlossen. Galt der Mietvertrag mit jahrzehntelanger Laufzeit und einem bonitätsstarken Mieter wie beispielsweise einer Behörde bis vor Kurzem als besonders erstrebenswert, ändern sich die Präferenzen – auch unter Investoren, die in kurzfristigen und flexiblen Mietverträgen eher die Chancen sehen als die Risiken. Durch eine attraktive Fläche mit Drittverwendungsmöglichkeit in guter Lage lassen sich Leerstandsrisiken weitestgehend beherrschen. Umgekehrt können sich unflexibel vermietete Singe-Tenant-Flächen als Klumpenrisiko entpuppen.
Mit diesen Entwicklungen wächst die Verantwortung für das Asset Management. Ein aktives Asset Management muss die atmenden Flächen dem Bedarf der Mieter entsprechend verteilen, Leerstand nicht pauschal vermeiden, sondern managen, laufend Mietverträge anpassen, laufend mit den Mietern kommunizieren und die sehr viel dynamischeren Entwicklungen im Objekt an die Investoren berichten. Auf 20 Jahre vermieten und die Hände in den Schoß legen, das wird nach der Corona-Krise eine noch viel weniger zeitgemäße Strategie sein als bereits heutzutage. Aktives Asset Management erfordert deshalb in Zukunft noch mehr Verhandlungsgeschick, noch mehr Engagement und nicht zuletzt mehr Mut: Mut zu offenen Vertragsverhandlungen, Mut zu kurzen Vertragslaufzeiten, Mut zu flexiblen Vertragskonzepten und die Bereitschaft, temporär auch kleinere Leerstände zu akzeptieren und zu managen – denn starre Konzepte werden sich als überholt erweisen.
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*) Thorsten Leischke ist Geschäftsführer der VLR Germany GmbH – exklusiver Asset-Manager der Eastern Property Holdings (EPH).