Foundation | Welcome

Menu


Schlüsselfaktor Projektentwicklung bei erneuerbaren Energien - warum institutionelle Investoren auf diese Kombination setzen

Dem blauen Planeten wird es ziemlich egal sein, ob die Spezies Mensch glaubt, bei der Reduktion der Treibhausgase auch weiterhin Zeit verlieren oder parallel Kriege führen zu können. Das Weltklima nimmt die Dinge, wie sie sind, und wird sich auch bei unzureichenden Maßnahmen auf ein neues, hinter verschiedenen Kipppunkten liegendes Gleichgewicht zubewegen. Ein Gleichgewicht, das den blauen Planeten allerdings stark verändern und dem Homo sapiens das Leben, das Überleben erschweren könnte.

Bernd Engel

Der anthropogene, durch Menschen verursachte Klimawandel darf als Erbe der Moderne, der Industrialisierung betrachtet werden. Erst der systematische und massive Einsatz fossiler Brennstoffe hat die Produkte hervorgebracht, die unseren heutigen Wohlstand kennzeichnen. Seit jedoch auch viele Schwellen- und Entwicklungsländer zu Recht in den Genuss industriell bedingten Wohlstandes kommen möchten, allen voran die bevölkerungsreichen BRICS-Staaten, steigen die Emissionswerte der Treibhausgase¹, speziell CO2, signifikant an. Diese sammeln sich in der Troposphäre, der ersten Schicht der Erdatmosphäre, was u.a. die darüber liegende Stratosphäre mit ihrer Ozonschicht seit einigen Jahrzehnten schrumpfen und abkühlen lässt. So schreitet die Erderwärmung inzwischen mit einer Geschwindigkeit voran, die es bislang in der Geschichte der Menschheit so nicht gab.

Ambitionierte Ziele verlangen professionelle Akteure
Betrachten wir Deutschland isoliert, so betrug im Jahr 2022 der Ausstoß an Kohlendioxid-Äquivalenten² (CO2e) laut Umweltbundesamt etwa 746 Mio. Tonnen. Laut dem im Mai 2021 novellierten Bundes-Klimaschutzgesetz muss der Emissionswert 2030 – also in knapp sechs Jahren – auf etwa 438 Mio. Tonnen CO2e gesenkt werden, wenn bis 2045 die treibhausgas-neutrale Gesellschaft erreicht werden soll. Ein äußerst sportliches Ziel, sowohl in der Umsetzung wie auch in der Finanzierung.

Die jetzige Bundesregierung hat sich in den letzten zwei Jahren darauf konzentriert, die Bereiche Wärme und Mobilität mit Gesetzen und Verordnungen aus der fossilen Ecke in Richtung Strom zu schieben. Nicht immer mit einem durchdachten Timing, der angemessenen Kommunikation und konsequenten Anreizen. Doch unabhängig von der Steuerungsqualität der Regierung, der Legislative, bleibt eine Sache unbestritten. Jeder Schritt in Richtung erneuerbare Energien (EE), der zugleich eine möglichst nachhaltige Produktion von EE-Kraftwerken und -Anlagen berücksichtigt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und die Schrittfrequenz darf sich in den nächsten Jahren gerne merklich erhöhen. Zumal auch die Speichertechnologie in jüngster Zeit mit neuen, interessanten Prototypen und innovativen Power-to-X-Ansätzen (Methanol, Ammoniak, Wasserstoff u.a.) aufwartet, was auch dem oft nur beiläufig erwähnten Thema Sektorenkoppelung neue Phantasie verleihen dürfte. Eine schnelle, kostengünstige und extrem aufnahmefähige Speichertechnologie wäre ein echter „Gamechanger“ im Rahmen der Energiewende.

Um bei der Errichtung neuer EE-Kraftwerke schneller und effizienter zu werden, sollte ein Aspekt nicht länger unterschätzt werden: die Projektentwicklung. Papier ist geduldig, und Luftschlösser sind schnell gebaut. Doch formale Hindernisse verzögern bisweilen den Bau von EE-Energieanlagen. Hindernisse, die dem Projektmanagement das Leben erschweren, und in solchen Fällen das unverzichtbare Kapital aus privater Hand zu einem scheuen Reh werden lassen. Dabei sind es gerade die Investitionen der Institutionellen Anleger, die dringend benötigt werden, um die EE-Projekte in der erforderlichen Größenordnung zu stemmen.

Sebastian Thürmer, geschäftsführender Gesellschafter des institutionellen Placement Agents artis Institutional Capital Management GmbH und seit vielen Jahren mit der Anlageoption Erneuerbare vertraut, erläutert die besondere Bedeutung, aber auch das besondere Interesse der Institutionellen: „Institutionelle Anleger investierten schon sehr früh in Erneuerbare Energien. Die Investitionsbereitschaft nahm vor 10 Jahren etwas ab, doch im Kontext der Klimadiskussion und in dem Bemühen um eine nachhaltige Ausrichtung der Gesamtallokation stieg das Interesse wieder deutlich an. Heute investieren rund 50% der institutionellen Anleger nicht nur in Bestandsobjekte, sondern auch in Projektentwicklungen oder in Greenfields, also genehmigte Solar- und Windanlagen in der Bauphase. Das hat unsere Studie, die wir im vergangenen Jahr gemeinsam mit Telos Rating erstellt haben, noch einmal deutlich gemacht.“

Thürmer erwartet eine Fortsetzung dieses Trends: „Wichtig für institutionelles Interesse in der Bauphase sind Projekte mit einem klaren Zeitplan für Inbetriebnahme und Netzanschluss. Wahrscheinlich werden Projekte in der Frühphase eher ein noch stärkeres Gewicht einnehmen. Überdies werden bei den Erneuerbaren die Themen Energieeffizienz und Energiespeicherung künftig noch stärker Berücksichtigung finden.“

Die Mühen der Ebene
Thema Projektentwicklung. Diese Phase beginnt mit der Identifizierung und Evaluation geeigneter Flächen, sowohl für Windenergie- (WEA) wie auch für Photovoltaikanlagen (PVA). Bei den PVA kommen in jüngster Zeit neben den klassischen Freiflächen auch immer häufiger größere Aufdachflächen der Industrie, Lärmschutzwände an Bahnstrecken und sogenannte Agri-Photovoltaik-Flächen (Agri-PV) in Frage. Letztere ermöglichen eine Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen. Auch für solch pragmatische Lösungen ist die Zeit inzwischen reif.

Doch es reicht nicht, entsprechende Standorte und Flächen zu eruieren. Die Eigentümer müssen kontaktiert, Verhandlungen mit ihnen geführt, Kauf- und Pachtverträge aufgesetzt, steuerliche Konsequenzen diskutiert werden. Anschließend heißt es, Netzanschlüsse zu beantragen und einzurichten. Die Vorlaufzeiten der jeweils zuständigen Netzbetreiber fallen nicht unerheblich aus, zumal baurechtliche und/oder ökologische Vorgaben mit den kommunalen Behörden erörtert und einvernehmlich geklärt werden müssen. All diese „Aufräumarbeiten“ im Vorfeld einer neuen EE-Anlage erfordern ein professionelles Projektmanagement. Denn im Nahkampf mit den lokalen Stellen werden Erfahrung und Expertise rasch zu einem geldwerten Vorteil. Ohne sie besteht die Gefahr, dass sich bei den ins Auge gefassten Flächen der Erschließungs- und Genehmigungsprozess bis hin zur Baureife („ready-to-build“) unangenehm in die Länge zieht.

Vereinfachte Gesetze und Genehmigungsverfahren in den frühen Entwicklungsphasen könnten die Energiewende noch einmal deutlich beschleunigen. In der Diskussion respektive auf dem Prüfstand stehen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), speziell der Gesetzesentwurf zum Solarpaket I (Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung), das Steuerrecht (u.a. Erbschaftsteuer, Grundsteuer, Einkommensteuer bei Verpachtung), das Raumordnungsgesetz des Bundes, das Agrarrecht oder auch die Landesentwicklungspläne der Bundesländer und die daraus abgeleiteten Regionalpläne. Bei Letztgenannten sollte zum Beispiel nach Auffassung einiger Projektentwickler und Investoren das Etikett „Raumbedeutsamkeit“ erst ab einer Flächengröße von 30 bis 40 Hektar greifen, was eine deutliche Beschleunigung für viele Verfahren ermöglichen würde.

Herausforderungen der Bauphase
Der Bau der Energieanlage selbst, auch Greenfield-Phase genannt, ist die nächste große Etappe, die zumeist mit externen Beratern und den äußerst gefragten Planungs- und Ingenieurbüros erfolgreich bewältigt wird. In der Regel sind es hochspezialisierte EPC-Unternehmen (Engineering, Procurement and Construction), die in alleiniger Verantwortung oder in verlässlicher Partnerschaft mit den beauftragten Projektentwicklern dafür sorgen, dass am Ende „in Time“, „in Budget“ und „in Quality“ die entsprechende EE-Anlage in Betrieb gehen kann.

Auch diese komplexe Phase wartet mit Herausforderungen auf, die sich jedoch bei geschulten Projektentwicklern in guten Händen befinden. Ihre Erfahrung, ihr Know-how umschifft Klippen und vermeidet Bauverzögerungen durch Anordnungen der Bauaufsichtsbehörden, durch operative Fehleinschätzungen, durch Bau- und Materialfehler oder durch sogenannte „höhere Gewalt“, so dass die Zeit- und Kostenkalkulationen am Ende realistisch bleiben.

Wünschenswert: Enge Kooperationen
Oft verwandelt sich die Kooperation zwischen einer Investorengruppe und einem Projektentwickler in eine langjährige, von wechselseitigem Vertrauen geprägte Zusammenarbeit. Eine Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitieren. Die Entwickler wissen einen verlässlichen Finanzpartner an ihrer Seite, der ihnen auch in schwierigen Projektphasen finanziell und bisweilen auch juristisch den Rücken freihält. Zudem kann sich das Asset Management in Verbindung mit den professionellen Investoren zu wichtigen Sparringspartnern entwickeln, da sie stärker als die Projektentwickler durch die „Ertragsbrille“ auf das gemeinsame Projekt schauen (müssen).

Asset Management und Investorenkreis profitieren vom technischen und betriebswirtschaftlichen Know-how des Projektentwicklers, der ihnen im Rahmen einer langfristig-strategischen Zusammenarbeit sicherlich auch ein gewisses Vorfahrtsrecht in sensiblen Terminfragen einräumt. Darüber hinaus kann der Projektentwickler natürlich auch zu einem wertvollen Sparringspartner für die Investorenseite werden, wenn er sich zum Beispiel mit Innovationen in der Speichertechnologie gut auskennt und dieses Fachwissen in die Kooperation einbringt. Seine Vor- und Ratschläge können Fehlentscheidungen, Fehlinvestitionen vermeiden und gelegentlich einem Projekt sogar eine neue Perspektive geben.

Als mustergültige Partnerschaft gilt branchenintern die langfristige und wechselseitig gewinnbringende Verbindung zwischen der Münchener BVT-Unternehmensgruppe und der e-Gruppe (e-wikom, e-service, Elektrizitätswerk Wanfried). Die BVT bewegt sich seit fast 50 Jahren als Fonds- und Asset Manager am Finanzmarkt, seit über 35 Jahren auch mit Fokus auf EE-Anlagen und Energieinfrastruktur. In dieser Zeit hat sie 23 Fonds aufgelegt. Die e-Gruppe sammelte bereits vor über 100 Jahren mit der Wasserkraft im nordhessischen Werratal erste EE-Erfahrungen und baute ihr Engagement in den vergangenen 15 Jahren mit dem Aufbau der Projektentwicklung (e-wikom) und technischen Betriebsführung (e-service) systematisch aus.

„Gemeinsam mit der e-Gruppe decken wir die gesamte Wertschöpfungskette der erneuerbaren Energien ab und können so in enger Partnerschaft Projekte von der frühen Planungsphase bis zum Assetmanagement optimal strukturieren und aussteuern, was schlussendlich unseren Anlegern zugutekommt“, sagt Dr. Dominik Schall, Leiter des Geschäftsbereichs Energie und Infrastruktur der BVT Unternehmensgruppe.

Generell wird z.Zt. in Deutschland die durchschnittliche Entwicklungszeit von PVA mit etwa zwei Jahren veranschlagt. Bei den WEA geht man von etwa fünf Jahren bis zur Inbetriebnahme aus. Auch diese Fristigkeiten verdienen mit Blick auf die sportlichen Ziele im überarbeiteten Bundes-Klimaschutzgesetz besondere Beachtung. Es gäbe und gibt nach manches zu tun, um die Entwicklungszeiten durch schlankere Verwaltungsprozesse zu verkürzen. Der öffentliche Sektor, der gegenüber den privaten Unternehmen und Haushalten zumeist recht fordernd auftritt, hat noch Spielraum, um deutlicher zum Gelingen der Energiewende beizutragen.

Trend geht zu Full Service
Last, but not least: Mit der Schlüsselübergabe ist die Projektentwicklung keineswegs abgeschlossen. Zahlreiche Projektentwickler übernehmen auch Monitoring- und Maintenance-Aufgaben oder sogar die komplette Betriebsführung einer EE-Anlage, um störungsfreie Abläufe und kontinuierliche Erträge zu garantieren. Auch der kaufmännische Part wird optional mit qualifiziertem Personal bedient. Das Rechnungswesen, die Stromvermarktung, Nachbesserungen bei der Finanzierung, die penible Einhaltung der relevanten Sustainable Development Goals (SDG), die rechtzeitige Beschaffung von Ersatzteilen, von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, das Einholen von EEG-Testaten u.v.m. All diese Dienstleistungen bietet heute so mancher Projektentwickler aus einer Hand an. Und die Asset Manager wissen in Zeiten, in denen es bundesweit an Fachkräften mangelt, solche Partnerschaften zu schätzen.


¹ Zu den wichtigen Treibhausgasen zählen Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O), Ozon (O3) und Wasserdampf (H2O). Hinzu kommen die ausschließlich von Menschen produzierten Treibhausgase (u.a. Halogenkohlenwasserstoffe und andere chlor- und bromhaltige Substanzen). In der Troposphäre sammeln sich aktuell insbesondere die langlebigen Treibhausgase wie CO2 an, verursacht durch die Verbrennung fossiler Stoffe.

² Mit Kohlendioxidäquivalenten (CO2e) werden verschiedene Treibhausgase in eine äquivalente Menge an Kohlendioxid (CO2) umgerechnet, um über diese Vereinheitlichung den Gesamteinfluss auf die Klimaveränderung besser zu verstehen.