IPE D.A.CH: Herr Engler, Sie sind seit vielen Jahren in verschiedenen Leitungspositionen in der Asset Management-Industrie tätig. Was hat Sie zu einem Manager mit dem Fokus auf Asien gebracht?
Engler: Asien als Investmentregion kann definitiv vielen Pensionsfonds helfen, die notwendigen Renditen zu erwirtschaften, um ihren Mitgliedern einen auskömmlichen Ruhestand zu ermöglichen bzw. Altersarmut zu verhindern. Die Region bietet langfristig orientierten Anlegern hervorragende Möglichkeiten hinsichtlich Rendite und Diversifikation. Diese Verbindung zu Investoren will ich helfen auf zu bauen.
IPE D.A.CH: Nun leben wir hier in Europa was den Staatsanleihenmarkt angeht ja auch weiterhin – und durch die Corona-Krise möglicherweise noch viel länger als bisher angenommen – in der Zinswüste. Was empfehlen Sie institutionellen Anlegern auf der Suche nach den notwendigen 3-4% Rendite?
Engler: Zinswüste ist ein gutes Stichwort für Europa. Asien ist dagegen die Wachstumsoase. Noch zum Jahresanfang hat der IWF hier 6% Wachstum prognostiziert, gegenüber rund 2% für Europa und den USA. Diese Zahlen sind durch die Corona-Krise natürlich Makulatur, aber der große Unterschied besteht weiterhin. In verschiedenen asiatischen Volkswirtschaften sprechen wir nun für 2020 von einer Nullrunde oder sogar einem leichten Wachstum, während für Europa und die USA von einem BIP-Rückgang von über 5% ausgegangen wird.
IPE D.A.CH: Was bietet der Markt für Anleger?
Engler: Asiatische Unternehmen bieten vielfach exzellente Wachstumschancen, gerade im Technologiebereich wo nicht nur chinesische Unternehmen wie Alibaba, Huawei oder Tencent mittlerweile Kopf-an-Kopf mit US-Technologiegiganten stehen. Es gibt auch in der zweiten Reihe zahlreiche Unternehmen mit großem Wachstumspotenzial. Auf der anderen Seite haben Sie den Bondmarkt, wo viele Investmentgrade-Anleihen ein hochinteressantes Ziel hinsichtlich Risiko-/Rendite-Aspekten für institutionelle Anleger sind.
IPE D.A.CH: Bislang scheint die Begeisterung bei institutionellen Anlegern in der DACH-Region für Asien allerdings noch nicht zu stark ausgeprägt…
Engler: Euphorie löst man bei Anlegern damit bislang selten aus, aber das hat kulturelle Gründe. Wir richten unseren Blick schon traditionell eher gen Westen als gen Osten und verstehen oft gar nicht, was in Asien genau passiert. So landet Asien meist mit einem kleinen Anteil im Emerging Market-Portfolio, ohne einen genaueren Blick zu wagen. So werden massiv Chancen ausgelassen. Sie sehen das auch aktuell in der Krise, wo Emerging Markets wie Brasilien, Russland oder die Türkei massiv nachgeben, Asien aber deutlich weniger.
IPE D.A.CH: Sie schlagen also eine eigene „Schublade“ für das Investmentthema Asien vor?
Engler: Richtig, ja! Ich sehe China und viele andere asiatische Volkswirtschaften nicht mehr in einer Reihe mit anderen Emerging Markets, deren Stories vielfach auch auf Rohstoffen aufbauen. Asien ist der alten Betrachtung als verlängerte Werkbank entwickelter Volkswirtschaften deutlich entwachsen und hat eine eigene Betrachtung verdient. China hat beispielsweise nur noch 20% Exportquote, die restliche Wertschöpfung passiert im Binnenmarkt. Das Land verfügt mittlerweile über einen Anteil von 300 Millionen Menschen, die wir hier als Mittelstand definieren würden. Dahinter steht eine unglaubliche Konsumkraft.
IPE D.A.CH: Wie sieht es dann ex-China aus?
Engler: Die Länder um China wie Thailand, Indonesien oder die Philippinen arbeiten mittlerweile mehr mit China zusammen, als mit vielen westlichen Volkswirtschaften. Das heißt der asiatische Markt an sich ist zu einem großen Stück autark.
IPE D.A.CH: Wie ist Asien dann insgesamt durch die Corona-Krise gekommen?
Engler: Ich habe mir jüngst erst die maximalen Drawdowns angesehen. Asien hat im März in der Spitze um 12% verloren, Lateinamerika dagegen um 34%. Asien spielt damit in einer Liga mit Europa (-17%) und den USA (-12%).
IPE D.A.CH: Wie beurteilen Sie die Angst viele Europäer vor China – Stichwort Hongkong?
Engler: Ich denke, man muss als Anleger keine Angst vor Asien insgesamt oder vor China im Speziellen haben. Wir nehmen meist nur die schlechten Nachrichten wahr, die auf den Titelseiten der Zeitungen. Die grundsätzlich positive Dynamik wird oft verkannt. Manche Herangehensweise mag uns fremd erscheinen, aber Asien deswegen als Teil der Emerging Markets abzufertigen, ist fahrlässig. Die Region ist in der Krise besser gelaufen und hat die besseren Wachstumsaussichten. Warum sollte ich das als Anleger nicht gezielt aufgreifen?
IPE D.A.CH: Wie bauen institutionelle Investoren aktuell das Thema ins Portfolio ein? Im Rahmen einer Emerging Markets-Strategie oder als separaten Baustein?
Engler: Wir haben unter unseren Kunden viele berufsständische Versorgungswerke aus Deutschland. Hier wird das Thema von einigen schon als eigener Baustein betrachtet. Bei vielen anderen sieht man hingegen eher globale Emerging Markets-Strategien mit einem relativ kleinen Asien-Exposure.
IPE D.A.CH: Wie gehen Investoren mit dem Thema Fremdwährungsrisiko um?
Engler: Die Erfahrung der letzten Jahre ist hier sehr positiv, da die Währungen durch das Wachstum langfristig zumeist aufgewertet haben. Entsprechend spielt die Absicherung bei den meisten Investoren eine nur untergeordnete Rolle.
IPE D.A.CH: Wie haben sich die Anleger bei Nomura in der Krise verhalten?
Engler: Wir haben in den vergangenen Monaten nur sehr moderate Flows aus der Assetklasse gesehen. Es war für die sonst üblichen Bewegungen bei Krisen überraschend ruhig. Ich denke es lag zum einen an der Schnelligkeit der Bewegung nach unten und zum anderen natürlich aber auch an den langfristig aussichtsreichen Perspektiven, so dass für die allermeisten Anleger ein Verkauf gar nicht zielführend gewesen wäre. Bei taktisch/opportunistischen Anlegern wie Dachfonds oder Vermögensverwaltern haben wir sogar Inflows in der Krise gesehen, als die Bewertungsniveaus fast schon absurd niedrig waren. Der High Yield-Sektor ist hier ein gutes Beispiel.
IPE D.A.CH: Lassen Sie abschließend noch einen Schwenk nach Japan machen…
Engler: Japan wird in Europa oft fälschlicherweise als Land der Dauerkrise verschrien. Tatsächlich sehen wir aber zunehmend Interesse seitens der Anleger. Denn in Japan gibt es eine Reihe von Unternehmen, die mit klugen Ideen große Geschäftspotenziale erschließen. Japan hat dieselben Probleme wie andere Industriestaaten – nur schon länger. Und hat daher interessante Lösungen entwickelt. Bestes Beispiel hier ist das Thema Überalterung, das von der japanischen Industrie mit neuen Produkten und Dienstleistungen angegangen wird. Hier entstehen globale Marktführer, in Bereichen wie z.B. Automatisierung oder Seniorenbetreuung. Dazu kommt die konservative Bilanzpolitik mit äußerst geringem Leverage und Verschuldungsgrad bei japanischen Unternehmen, die gerade in der Krise ihre Stärken ausspielt.
IPE D.A.CH: Herr Engler, besten Dank für diese Einblicke.