Von Investitionen in außerbörsliche Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt, Infrastruktur oder Private Real Estate erhoffen sich Investoren grundsätzlich eine Mehrrendite gegenüber börsennotierten Investments sowie verlässliche regelmäßige Einnahmen und Diversifikationsvorteile.
Als konservative, auf Risikominderung ausgerichtete Anlageklasse erscheint mir insbesondere Private Debt im aktuellen Umfeld anhaltender makroökonomischer und geopolitischer Volatilität attraktiv. Private-Credit-Investments überzeugen mit einer attraktiven Durchschnittsverzinsung, einer kurzen Kapitalbindung und relativ geringen Kursschwankungen. Zudem ist eine breite Diversifikation über verschiedene Sektoren möglich. Auch wenn die Zentralbanken in diesem Jahr, wie von den Märkten erwartet, mit der Lockerung ihrer Geldpolitik beginnen, dürften die Zinssätze noch länger auf einem höheren Niveau liegen. Dadurch sollten Investoren weiter auf hohe laufende Erträge aus Private-Credit-Anlagen zählen können.
Senior Secured Loans – eine Assetklasse für sich
Als Teilsegment des Private Credit-Markets erscheinen mir insbesondere Senior Secured Loans mit einer aktuellen Kuponverzinsung von ca. 9,5%¹ und vielen weiteren Vorzügen derzeit sehr interessant.
Senior Secured Loans werden von Unternehmen in der Regel zur Finanzierung von Unternehmensinvestitionen, M&A-Transaktionen oder zur Schuldenrefinanzierung genutzt. Sie haben gewöhnlich kein Investment-Grade-Rating, stehen in der Kapitalstruktur der Unternehmen jedoch ganz oben und sind mit den Vermögenswerten des Unternehmens besichert. Dadurch werden Loan-Investoren im Falle eines Zahlungsausfalls des Emittenten zuerst bedient. In der Folge lag die durchschnittliche Verwertungsquote von US-Loans – gemessen an der „ultimate recovery“ nach dem Workout-Prozess – in den letzten mehr als 30 Jahren (1987-2022) bei 80% des eingesetzten Kapitals, verglichen mit durchschnittlich 47% für US-Hochzinsanleihen.²
Neben ihrer Erstrangigkeit in der Kapitalstruktur bieten Senior Secured Loans weitere Sicherheiten, zum Beispiel durch die Zusicherung von Eigenkapitalbeteiligungen über Debt-Equity-Swaps und Gläubigerschutzklauseln (Covenants), wodurch die Kreditgeber vom Sponsor-Maßnahmen zum Schuldenabbau oder zur Verringerung des Risikos verlangen können, wenn die Performance nicht stimmt – und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schuldinstrumente noch werthaltig sind.
Bei sogenannten Covenant-Lite-Loans fehlen bestimmte Schutzmechanismen, die als Frühwarnsignal für eine finanzielle Notlage dienen. Daher gelten diese häufig als risikoreicher als Loans mit Covenants. Wir halten dies jedoch für eine Fehlwahrnehmung, da die Kreditgeber sowohl mit als auch ohne Covenants Zugang zu den Finanzkennzahlen der Unternehmen haben. Anhand derartiger Informationen können Investoren erkennen, wenn sich die Ertragslage verschlechtert, und auch ohne Covenants geeignete Schritte einleiten.
Überzeugende historische Performance
In der historischen Betrachtung haben Senior Secured Loans trotz der teilweise stark schwankenden Entwicklung an den Geld- und Kapitalmärkten in allen Phasen des Konjunkturzyklus eine solide bis starke Performance gezeigt. Der maßgebliche Referenzindex für US-Loans, der Credit Suisse Leveraged Loan Index, hat seit seiner Auflegung im Januar 1992 jedes Kalenderjahr mit Ausnahme des Jahres 2008 mit einer positiven Gesamtrendite abgeschlossen und dabei beständige laufende Erträge und moderate Kursschwankungen verzeichnet – selbst die negative Performance des Krisenjahres 2008 wurde innerhalb von zwölf Monaten durch eine kräftige Erholung überkompensiert³.
Wie stabil Senior Secured Loans sind, zeigt sich auch an der Volatilität der Credit Suisse Leveraged Loan und Credit Suisse Western European Leveraged Loan Indizes. Seit ihrer Auflegung liegt die jährliche Volatilität dieser Indizes zwischen 2% und 3% (außer während der Subprime-Krise von Oktober bis März 2010) und ist damit deutlich niedriger als die geläufiger europäischer und amerikanischer Anleiheindizes⁴.
Obwohl die variable Verzinsung von Loans zu moderaten Schwankungen in der Verzinsung führen kann, war in der Vergangenheit eine inverse Relation zwischen den Kuponkomponenten (SOFR + Zinsaufschlag) zu beobachten. Steigt der SOFR – gewöhnlich, weil die Wirtschaft gut läuft –, eröffnet die hohe Nachfrage nach variabel verzinslichen Loans den Emittenten neue Möglichkeiten für Repricing- oder Refinanzierungstransaktionen zu einem niedrigeren Zinsaufschlag. Sinkt der SOFR dagegen – gewöhnlich, weil sich die Konjunktur abkühlt –, steigen die Risikoprämien, so dass die Investoren für das vermeintlich höhere Ausfallrisiko kompensiert werden. Letztlich hat diese Dynamik in der Vergangenheit unabhängig von der Richtung der Zinsen zu einer relativ stabilen und hohen Kuponverzinsung geführt. Darüber hinaus kann die Zinsuntergrenze eine zusätzliche Renditeabsicherung für Investoren darstellen, wenn die Zinsen stark sinken.
Ein großer, liquider Markt
Dank der Flexibilität von Senior Secured Loans und der niedrigeren Eigenkapitalanforderungen für die Anlageklasse im Vergleich zu anderen alternativen Assetklassen ist der Markt für institutionelle Loans stark gewachsen. Das Sekundärmarktvolumen in den USA und Europa hat sich in den letzten zehn Jahren verfünffacht. Ende Juli 2023 belief sich das Volumen des US-Loan-Marktes auf rund 1,7 Billionen US-Dollar und das des europäischen institutionellen Loan-Marktes auf 551 Mrd. US-Dollar (Quelle: Credit Suisse). Dadurch können Investoren mittlerweile aus sehr großen, liquiden Senior Secured Loan-Strategien mit börsentäglicher Liquidität auswählen.
Diversifikation und Berücksichtigung von ESG-Faktoren
Durch ihre attraktiven Ausstattungsmerkmale (kurze Duration, relativ hohe laufende Erträge, besondere Kreditsicherungsmechanismen) und die über verschiedene Marktzyklen solide historische Performance bieten Senior Secured Loans eine potenziell geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen wie Anleihen, Aktien und Rohstoffen. Beispielsweise kann eine Beimischung von Senior Secured Loans zu einem europäischen Anleiheportfolio attraktive Diversifikationsvorteile ergeben— unabhängig vom Anlageuniversum und Kreditrating.
Mit einer Loan-Strategie, die auch ESG-Kriterien berücksichtigt, können sich institutionelle Investoren erfolgreich für das zukünftige makroökonomische und regulatorische Umfeld aufstellen und den Nachhaltigkeitserwartungen ihrer Kunden entsprechen. In Abwesenheit von ESG-Ratings durch externe Anbieter hat beispielsweise Invesco zu diesem Zweck ein eigenes, branchenweit einzigartigen ESG-Scoring-System für Loans entwickelt.
Gut aufgestellt für verschiedene Zinsszenarien
Im derzeitigen Marktumfeld gibt es nur sehr wenige ertragsgenerierende Anlagen, die eine attraktive Verzinsung bei niedriger Duration und traditionell maßvoller Volatilität bieten. Senior Secured Loans vereinen diese Eigenschaften und liefern gleichzeitig als Folge der traditionell geringen Korrelation mit anderen Anlageklassen attraktive Diversifikationsvorteile. Diese können auf Portfolioebene zu einer Reduzierung der Gesamtvolatilität bei einem gleichzeitig attraktiven Renditebeitrag führen.
Wichtig ist, dass Senior Secured Loans aufgrund ihrer besonderen Merkmale bei jedem Zinsausblick ein interessantes Investment darstellen können. Wenn sich die Wirtschaft besser entwickelt als erwartet und die Zinserwartungen entsprechend steigen, sollten Loans von ihrer strukturell kurzen Duration profitieren sowie von den Zuflüssen, die diese Anlageklasse gewöhnlich verzeichnet, wenn höhere Zinsen erwartet werden. Wenn sich die Wirtschaft dagegen schlechter entwickelt als erwartet, sollten Loans von ihrer defensiven Positionierung in der Kapitalstruktur profitieren.
In den vier Phasen seit der globalen Finanzkrise, in denen die Loan-Renditen über 8% lagen (aktuell liegen sie bei rund 9%), hat der Loan-Markt in den anschließenden sechs bis zwölf Monaten eine Outperformance erzielt (mit einem durchschnittlichen Ertrag von 10,69% über die folgenden zwölf Monate)⁵. Vor diesem Hintergrund sehen wir weiterhin viel Potenzial für historisch überdurchschnittliche Erträge aus Senior Secured Loans.
¹ Credit Suisse, Stand 31. Dezember 2023
² Moody’s Default Study, 28. Januar 2021
³ Credit Suisse, Stand 30. Juni 2023
⁴ Morningstar, Stand 31. Juli 2023
⁵ Pitchbook LCD, Stand 31. Dezember 2023
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*) Andreas Mittler, Leiter Private Markets, Invesco Asset Management Deutschland GmbH