Für Mai wurde eine Kerninflationsrate von 2,1% im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Damit wurde nochmal wie im Vormonat die 2%-Marke geknackt. Während die US-amerikanische und europäische Zentralbanken in Reaktion auf die Inflation mit Zinserhöhungen reagiert haben, zeigte sich die Bank of Japan (BoJ) bei ihrer jüngsten Sitzung am 17. Juni 2022 stoisch. Es wurde beschlossen, die kurzfristigen Zinssätze unverändert bei -0,1% und die langfristigen Zinssätze bei rund 0% zu belassen. Das Ankaufprogramm für Anleihen und Aktien wird weiter fortgesetzt. Der Fokus der japanischen Zentralbank und des BoJ-Vorsitzenden Haruhiko Kuroda liegt auf der Stärkung des Wirtschaftswachstums. Die bisher gemessene Inflation wird von der BoJ als für Verbraucher verkraftbar und nicht nachhaltig eingestuft.
Die japanische Währung Yen ist infolge der weiterhin verfolgten Nullzinspolitik jedoch stark unter Druck geraten. Sie ist im Juni auf ein 24 Jahres-Tief in Relation zum US-Dollar gefallen (Stand 21. Juni 2022). Unserer Meinung nach sollte die Bank of Japan deshalb entschlossener gegen die Inflation vorgehen. Denn die Preise werden sich bis zum Jahresende noch weiter erhöhen und der Yen dürfte noch weiter an Wert verlieren. Ein stabiler Yen erhöht die Attraktivität des japanischen Aktienmarkts für ausländische Investoren. Dieser weist ein relativ günstiges Preisniveau mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13 auf.
Japanischer Aktienmarkt und Konjunktur: Chancen und Risiken
Der japanische Aktienmarkt reagiert auf die globalen Herausforderungen. So wirkten sich der Ukrainekrieg, die ersten von der Federal Reserve eingeleiteten Zinsschritte oder der Lockdown in Shanghai im Mai negativ auf die Entwicklung des Nikkei 225 und des Topix100 aus. Positive Impulse gab es aus dem Inland durch die Verkündung der Pläne der japanischen Regierung, das inländische Wirtschaftswachstum durch wirtschaftspolitische Maßnahmen zu unterstützen. Weiterhin belasten globale Konjunktursorgen auch die japanischen Aktienkurse.
Jedoch zeichnen verschiedene Konjunkturindikatoren ein rosigeres Bild der Zukunftsaussichten für die japanische Wirtschaft. Das Economy Watchers' Survey ist im Mai um 2,2 Prozentpunkte auf einen Wert von 52,5 Punkten angestiegen, den höchsten Wert seit sechs Monaten. Beim Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen, einem wichtigen Gradmesser für die Konjunkturlage, wurde im Juni ein steigender Wert von 54,20 gemessen, wobei ein Wert über 50 als bullish gilt.
Russell/Nomura verzeichnete bei Large-Cap-Unternehmen aus Japan für das Geschäftsjahr 2021, das im März 2022 endete, einen Zuwachs der Gewinne um 34,1% im Vergleich zum Vorjahr. Für das Geschäftsjahr 2022 wird eine Steigerung der Gewinne um 11,1% prognostiziert. Auch für die Gewinnmarge wird ein Anstieg um 9,4% antizipiert. Russel/Nomura begründet diese Einschätzung mit den Kostensenkungsmaßnahmen, die von den japanischen Unternehmen infolge einer sinkenden Nachfrage während der Corona-Pandemie ergriffen wurden. Außerdem konnten die Unternehmen die gestiegenen Preise an die Kunden weiterreichen.
Gewinner der aktuellen Konjunkturlage
Bei der Selektion von Titeln legen wir unser Augenmerk gemäß unserer Anlagestrategie auf Unternehmen mit starken Fundamentaldaten und günstigen Bewertungen, die von der aktuellen konjunkturellen Entwicklung profitieren. Gegenwärtig setzen wir verstärkt auf Aktien aus zyklischen Branchen mit günstigen Bewertungen wie Handel, Schiffstransport, Eisen und Stahl sowie Banken. Aktien aus defensiven Branchen wie Nahrungsmittel, Pharmazeutika, Einzelhandel und Versorger meiden wir hingegen. Auch bei Sektoren mit IT-Bezug agieren wir zurückhaltend.
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*) Yutaka Uda ist Fondsmanager des Nippon Growth Fund bei Eric Sturdza Investments