In dieses Bild passt die anhaltende Anziehungskraft der Stadt: Im Jahr 2024 kamen insgesamt 12,7 Millionen Gäste in die Hauptstadt - 5,2% mehr als im Vorjahr. Auch die Übernachtungszahl stieg um 3,4% auf 30,6 Millionen. Parallel dazu ist ein klarer Trend bei denjenigen erkennbar, die Berlin dauerhaft zu ihrem Lebensmittelpunkt machen: Die Zuzüge übersteigen die Fortzüge deutlich. Der positive Wanderungssaldo belief sich 2023 auf rund 32.800 Personen.
Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in der demografischen Struktur wider: Von den über 3,7 Millionen Menschen, die aktuell in Berlin leben, wohnen rund 377.000 in Familien. Bemerkenswert ist dabei, dass 47,4% dieser Familien mehr als zwei Kinder haben. Insgesamt leben rund 635.000 Kinder in der Hauptstadt – etwa die Hälfte davon im Alter zwischen 6 und 14 Jahren.
Dieser kurze Blick auf Bevölkerungsentwicklung und Statistik zeigt: Das Klischee der „Single-Metropole ohne Sperrstunde“ greift zu kurz. Auch Investoren wissen längst, dass soziale, wirtschaftliche und demografische Faktoren wesentlich relevanter sind als die Zukunft der Clubkultur. Ob das Berghain weiterhin Schlagzeilen macht oder der Watergate-Club dauerhaft schließt, ist für professionelle Anleger in der Assetklasse Wohnen letztlich irrelevant.
Zwei Entwicklungen treiben das Investoreninteresse besonders:
Erstens ist die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Berlin rückläufig. Vom Höchststand im Jahr 2019 mit rund 19.000 Einheiten sank sie 2023 auf knapp 16.000 – davon 14.633 im Neubau, weitere 1.332 durch Um- und Ausbauten bestehender Gebäude. Diese strukturelle Lücke ist das Ergebnis eines belastenden Dreiklangs: gestiegene Finanzierungskosten, hohe Materialpreise und komplexe regulatorische Vorgaben. Obwohl die Politik den Mangel regelmäßig beklagt, kommt de facto kaum neues Angebot auf den Markt. Besonders in Berlin dürfte sich die Wohnungsknappheit in den kommenden drei bis zehn Jahren weiter verschärfen. Laut einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) besteht bereits jetzt ein jährlicher Mehrbedarf von rund 23.000 Wohnungen – bundesweit der höchste Wert.
Zweitens weist keine andere deutsche Metropole einen größeren Spread zwischen Bestands- und Neubau-Erstbezugsmieten auf. Während die durchschnittliche Bestandsmiete laut Mietspiegel 2024 bei 7,21 Euro pro Quadratmeter liegt, sind bei Neuabschlüssen Mietpreise von rund 20,00 Euro pro Quadratmeter inzwischen gängige Realität – und werden auch akzeptiert.
Diese Ausgangslage macht Berlin zu einem hochinteressanten Ziel für institutionelle Investoren im Wohnimmobilienbereich. Nicht wenige Marktteilnehmer sondieren bereits aktiv. Die aktuelle Marktsituation ist allerdings von einer Angebotsknappheit gekennzeichnet. Größere Wohnungspakete im Bestand sind rar. Bestandshalter, die aufgrund der Zinswende und Refinanzierungsproblematik verkaufen müssen, versuchen zunächst, Pakete zu veräußern, die sie intern als weniger attraktiv einordnen, während sie hartnäckig an ihren Kronjuwelen festhalten, solange es geht.
Die jüngste Verkaufswelle an den Rentenmärkten hat dabei einmal mehr verdeutlicht, welchen Stellenwert stabile und wertbeständige Anlageklassen wie Wohnimmobilien haben können. Zwar ist auch dieses Segment nicht frei von regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen – etwa durch ESG-Anforderungen oder steigende Betriebskosten. Dennoch überzeugt die Assetklasse durch strukturelle Nachfrage, langfristig kalkulierbare Erträge und – nicht zuletzt – die Möglichkeit, über inflationsindexierte Mietverträge eine gewisse Absicherung gegen Kaufkraftverluste zu erzielen. Wohnimmobilien – insbesondere an den Top Standorten Deutschlands - werden daher weiterhin als verlässliche Säule in einer ausgewogenen Portfoliostrategie angesehen – nicht zwingend als Ersatz, aber mindestens als bewusste Ergänzung zu zunehmend volatilen Anleihepositionen.
Investoren sind daher gut beraten, Top-Down-Recherchen und Datenanalysen zusammen mit erfahrenen Maklern vor Ort zu nutzen, um die Realisierbarkeit wertsteigernder Strategien fundiert bewerten zu können. Das gilt gleichermaßen für deutsche Institutionelle wie für international agierende Adressen.
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*) Benjamin Rogmans, Geschäftsführer bei Engel & Völkers Commercial Berlin
Kommentar: Es gibt viel institutionelles Geld, das nach Berlin will

Blick auf Berlin