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Kommentar: Rosige Aussichten für Anleihen nach dem Zenit

Im fortdauernden Bemühen der Staaten, den postpandemischen Inflationsschub einzudämmen, gelangen die Zentralbanken nach unterschiedlicher Zeit und mit der Aussicht auf verschiedene Spitzenzinsen an das Ende ihrer Straffungszyklen. Da die Renditen auch inflationsbereinigt höher sind als in den letzten zehn Jahren und die Inflation nachlässt, blicken wir nun zuversichtlicher auf die Aussichten für festverzinsliche Wertpapiere.

Nicola Mai

Nach unserer Einschätzung haben sowohl das Wachstum als auch die Inflation ihren Gipfel überschritten. Demnach sollte sich das Wachstum der einzelnen Industrienationen unterschiedlich stark verlangsamen und in bestimmten Fällen sogar schrumpfen. Die allgemeine Resilienz, die die Wirtschaft im laufenden Jahr auszeichnet, dürfte im nächsten Jahr einer Schwäche weichen, wenn die Konjunkturprogramme zurückgefahren werden und sich die verzögerten Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik stärker in der Weltwirtschaft niederschlagen. Diese kollektive Abkühlung sollte von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt sein, in Abhängigkeit von der jeweiligen Zinssensitivität.

Die alternativen Szenarien reichen von einer „harten Landung“ (bei der Wachstum und Inflation rasch sinken) bis zu einer „weiteren Überhitzung“ (bei der das Wachstum stabil bleibt und die Inflation wieder anzieht). Demensprechend macht es Sinn, eine breite Palette makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen über das Basisszenario hinaus stets mitzudenken.

Gute Aussichten wegen Anfangsrenditen und Wirtschaftsausblick
Wir schätzen das Rezessionsrisiko höher ein, als die Märkte es einpreisen, was rosige Aussichten für die Anleihenerträge bedeutet. Nach ihrem jüngsten Anstieg liegen die Anfangsrenditen, die historisch stark mit den Erträgen korrelieren, auf sehr attraktiven Niveaus, da sie sowohl real als auch nominal so hoch sind wie seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr.

Erstklassige Anleihenfonds rentieren heutzutage mit etwa 5-8%, was sie überaus interessant im Vergleich zu den erwarteten Aktienrenditen macht und Abwärtsschutz für den Fall einer Rezession bietet. Anleihen sehen angesichts der hohen Renditen von heute äußerst attraktiv aus, selbst wenn die Inflation nur bis zum oberen Ende unserer Prognosen zurückgeht, und können Anleger deutlich besser vor Unwägbarkeiten schützen.

Die höhere Unsicherheit bezüglich der Inflation und die Besorgnis um die Staatsverschuldung, die sich beispielsweise in der britischen LDI-Krise oder in der Herabstufung des US-Bonitätsratings durch Fitch am 1. August 2023 ausdrückt, sollten dazu beitragen, die Laufzeitprämien (ein Maßstab für die Entlohnung, die Anleger für das Halten längerfristiger im Vergleich zu kürzer laufenden Schuldtiteln erhalten) in diversen Industrieländern wieder auf angemessene Niveaus zu befördern. Die Kennzahl der New Yorker Fed für die zehnjährige Laufzeitprämie von US-Staatsanleihen stieg im vergangenen Monat zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder in den positiven Bereich.

Auf das globale Chancenspektrum und diversifizierte Quellen von Anleihenrisiko und -rendite setzen

Die Konsequenzen der Geld- und der Fiskalpolitik sowie die Erschöpfung der Ersparnisschwemme werden je nach Land unterschiedlich schnell zum Tragen kommen. Auch die Energiepreise, der Russland-Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von China werden ungleiche Auswirkungen auf die einzelnen Nationen haben. Daher rechnen wir damit, dass die Renditen hochwertiger festverzinslicher Anlagen aus verschiedenen Ländern stärker voneinander abweichen werden.

In den letzten Wochen wurde der Anstieg der globalen Renditen von den Vereinigten Staaten angeführt, und die US-Duration – ein Maß für die Preissensitivität einer Anleihe gegenüber Zinsschwankungen – birgt in sich bereits attraktives Renditepotenzial. Daneben sehen wir sehr gute Chancen in anderen Regionen – unter anderem in Australien, Kanada, Europa und Großbritannien –, was der unterschiedlichen Zinssensitivität zuzuschreiben ist sowie den verschiedenen Arten, auf die eine quantitative Straffung bzw. eine Veräußerung der Anleihenbestände aus den Zentralbankbilanzen erfolgt.

Außerdem könnten die Zinssenkungszyklen einzelner Nationen einem anderen Zeitablauf folgen, da die Zentralbanken je nach Inflationszahlen und Arbeitsmarktdynamik unterschiedliche Schwellenwerte für ihre restriktiven Maßnahmen festlegen.

Die BOJ befindet sich nach Jahrzehnten des schleppenden Wachstums und der verhaltenen Inflation noch immer in der Ausstiegsphase aus ihrem Zinskurven-Management und dürfte ihre Zinsen entsprechend anheben, während andere Zentralbanken ihre Zinsen senken. Aus unserer Sicht haben die japanischen Renditen noch Luft nach oben.

Wir sind überzeugt, dass eine Diversifikation der Durationspositionen und der Renditekurvenpositionierung weitreichende Vorteile mit sich bringt, die Anleger in die Lage versetzen können, höhere risikobereinigte Renditen ins Visier zu nehmen. In der Vergangenheit verhalf die globale Diversifikation den Anlegern stets zu einer höheren Rendite pro Einheit Volatilität. Das ist vor allem im heutigen Umfeld der auseinanderdriftenden Renditeerwartungen und der hohen Bandbreite von Risiken rund um das Basisszenario von Bedeutung.

Positionierung für breites Spektrum makroökonomischer und marktspezifischer Entwicklungen
Im heutigen Umfeld können liquide Mittel interessant sein, da ihre kurzfristigen Renditen historisch hoch sind und sie uns die Flexibilität einräumen, Gelder umzuschichten, wenn sich weitere Chancen auftun. Diese Flexibilität geht jedoch nicht ohne Risiken einher: Barrenditen sind flüchtiger Natur.

Aus unserer Sicht verleihen Anleihen mit längerer Duration einem Portfolio mehr Widerstandskraft, bieten derzeit attraktive Renditen, die sich über einen längeren Zeithorizont sichern lassen, und können ihrem Besitzer Kursgewinne im Fall einer Rezession bescheren. Wir glauben, dass die Risiken einer hohen Inflation und eines rückläufigen Wachstums zusehends symmetrisch verteilt sind, während die Anleihenrenditen und -bewertungen an Attraktivität gewinnen. Was die Risikofaktoren für unsere Basisprognose angeht, könnten inflationsgeschützte Anleihen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit eines Portfolios im Fall einer höheren Inflation als erwartet zu stärken.

In vielen unserer Strategien werden wir bestrebt sein, hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) der US-Agencies zu halten, da diese eine hohe Bonität aufweisen, staatliche Garantien bieten, über üppige Liquidität verfügen und attraktiv bewertet sind. Im Bereich der Kreditpapiere hegen wir zudem eine allgemeine Präferenz für verbriefte Anlagen und strukturierte Produkte.

Ferner lassen die erhöhten Zinssätze, die angespannten Bankbilanzen und der regulatorische Druck attraktive Gelegenheiten bei privaten Verbraucher- und gewerblichen Krediten entstehen. Aktuell halten wir die Rahmenbedingungen für opportunistische private Investitionen in Unternehmensanleihen und Immobilien für günstig.

Außerdem sehen wir Diversifikationsvorteile in ausgewählten Schwellenländern, die durch ihre Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung und die aktuellen Realzinsniveaus entstehen. Ähnlich wie in den Industrieländern gehen wir davon aus, dass die Inflation auch hier von Land zu Land unterschiedlich stark nachlassen wird. In gewissen Nationen mit hohen Realzinsen und rückläufiger Inflation haben die Zentralbanken bereits mit der Lockerung ihrer Geldpolitik begonnen, wobei die Teuerung vielerorts schneller nachgelassen hat als in den Industrieländern.

Im Ergebnis hat sich das wirtschaftliche Umfeld in vielen Schwellenländern bereits zum Guten für das Wachstum, die Vermögenspreise und eine Währungsaufwertung gewendet. Dessen ungeachtet könnten die Schwellenländer auch im Jahr 2024 noch vor Wachstumsherausforderungen stehen, wenn die konjunkturelle Entwicklung Chinas verhalten bleibt und die Auswirkungen der restriktiveren globalen Geldpolitik spürbar werden.

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*) Nicola Mai, Economist bei PIMCO