Die Zinsanhebungen, mit denen die Notenbanken auf die aktuell hohe Inflation reagieren, entlasten die DAX- und MDAX-Unternehmen im Hinblick auf ihre Pensionsverpflichtungen weiterhin. Zwar ist der anzusetzende Rechnungszins mit 3,76% im langjährigen Vergleich immer noch niedrig, gegenüber dem 2. Quartal ist er aber um +44 Basispunkte gestiegen.
In der Folge setzt sich der Sinkflug bei den Pensionsverpflichtungen fort. Zum Ende des dritten Quartals hatten die DAX-Unternehmen 282,0 Mrd. Euro (-5,9% gegenüber dem 2. Quartal) in ihren Bilanzen anzusetzen, bei den MDAX-Unternehmen waren es 55,2 Mrd. Euro (-5,8%).
Aufgrund der weiterhin volatilen Kapitalmärkte gaben auch die Pensionsvermögen wieder etwas nach, allerdings in geringerem Ausmaß als die Pensionsverpflichtungen: um -4,6% auf rund 244,2 Mrd. Euro im DAX und um -5,0% auf 42,2 Mrd. Euro im MDAX. In Summe stieg damit der Ausfinanzierungsgrad, das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, abermals leicht an. Er erreicht noch nie dagewesene 86,6% im DAX (+1,1 Prozentpunkte gegenüber dem 2. Quartal) und 76,5% im MDAX (+0,7 Prozentpunkte). Zu diesen Ergebnissen kommt die Modellberechnung „German Pension Finance Watch“ der Unternehmensberatung WTW.
„Der Zinsanstieg entlastet die Unternehmen im Hinblick auf ihre Pensionswerke erheblich. Aktuell sind mehr als vier Fünftel der Pensionsverpflichtungen der DAX-Unternehmen mit spezifisch für die Pensionszahlungen reserviertem Vermögen bedeckt – das ist ein historischer Höchststand“, sagt Hanne Borst, Leiterin Retirement bei WTW Deutschland.
Sie rechnet damit, dass der Rechnungszins auch bis zum Jahresende deutlich oberhalb von 3% bleiben wird. „Es ist zu vermuten, dass wir bei den Pensionsverpflichtungen zum Geschäftsjahresende 2022 einen deutlich höheren Ausfinanzierungsgrad als im Vorjahr sehen werden“, so Borst.
Allerdings sei weiterhin eine volatile Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds zu erwarten. „Die Inflation ist weiterhin hoch und die Notenbanken betreiben eine strenge Geldpolitik. Geopolitische Unsicherheiten, die Energieknappheit und die bestehenden Rezessionsängste drücken die Wertentwicklung an den Aktien- und Anleihenmärkten“, führt Dr. Johannes Heiniz, Leiter General Consulting Retirement bei WTW aus.
Er weist darauf hin, dass jedoch gerade in großen Unternehmen viele Pensionszusagen mit der Wertentwicklung der Pensionsvermögen am Kapitalmarkt verknüpft sind. „Dies bietet Unternehmen die Chance, werthaltige Pensionszusagen bei begrenzten Finanzierungs- und Bilanzrisiken zu erteilen“, so Heiniz. Für Mitarbeitende bedeutet dies, dass sie von der Wertentwicklung der Pensionsvermögen am Kapitalmarkt profitieren. „Kurzfristige Schwankungen können meist aufgrund der langfristigen Anlagehorizonte – in der Regel Jahre oder sogar Jahrzehnte – sowie durch intelligent konzipierte Puffermechanismen ausgeglichen werden“, so Heiniz.
Inflation kurzfristig hoch, langfristig aber auf niedrigerem Niveau erwartet
Während das statistische Bundesamt die Inflationsrate für Deutschland Ende September im Vergleich zum Vorjahr mit +10,0% angibt, werden für die Berechnungen der Pensionsverpflichtungen Inflationserwartungen gemäß der Duration der Verpflichtungen zugrunde gelegt. Diese Inflationserwartung beläuft sich gemäß WTW-Inflationskurvenverfahren für eine Laufzeit von rund 15 Jahren auf etwa 2,3%. „Pensionsansprüche werden erst in der Zukunft und über einen längeren Zeitraum ausgezahlt. Hier wird die aktuelle Inflation zwar berücksichtigt, aber in der langjährigen Perspektive schlagen die aktuell hohen Werte weniger stark zu Buche“, sagt Borst. Prognosen der Europäischen Zentralbank gehen davon aus, dass die Inflation im Euroraum in zwei Jahren bei etwa 2,3% liegen wird.