Bei so viel Überschwang hatten europäische Loans ihren eigenen Goldilocks-Moment. Seit Jahresbeginn waren sie die weltweit erfolgreichste Assetklasse. Sie lagen vor amerikanischen und europäischen Staatsanleihen, Investmentgrade-Anleihen und High Yield, aber auch vor amerikanischen Leveraged Loans.
Sie profitierten nicht nur von ihrer variablen Verzinsung (die sie vor den Folgen steigender Renditen schützt), sondern bieten auch, was Anleiheninvestoren am meisten wünschen: laufenden Ertrag. Mit einer erwarteten Endfälligkeitsrendite von 4% scheint der European Loan Index sehr attraktiv, wenn zehnjährige deutsche Bundesanleihen negative Renditen bieten und man mit europäischen Investmentgrade-Anleihen gerade einmal 0,5% verdient. Dies gilt umso mehr, weil Geld- und Fiskalpolitik wohl auch weiterhin für niedrige Ausfallquoten und hohe Zinsdeckungsgrade sorgen.
Da sich die Marktteilnehmer im Februar all dessen bewusst waren, stiegen die Kurse europäischer Loans wieder auf ihre Höchststände aus der Zeit vor der Corona-Krise. Der durchschnittliche Geldkurs erreichte nach Angaben von S&P LCD 98,68. Ende Januar 2020 hatte er 98,66 betragen. Die Erträge der Portfolios im WFAM European Loans Composite betrugen in den letzten zwölf Monaten beachtliche 5,5% (nach Abzug von Gebühren).
Gut für den Markt ist auch, dass in Europa immer mehr Collateralised Loan Obligations (CLOs) aufgelegt werden. Das macht die Nachfrage nach Loans wesentlich stabiler als etwa die Nachfrage nach High-Yield-Anleihen. Hinzu kommt, dass es weniger Neuemissionen gibt, als es sich manche Investoren vielleicht wünschen. Die Folge sind mehr nachträgliche Preisanpassungen und wohl auch Spreadrückgänge am Sekundärmarkt, da Titel mit Kurspotenzial gesucht sind. Nur noch 0,9% der Loans im S&P ELLI Index notierten im Februar daher unter 80, nach 1,3% vor einem Jahr (nach Angaben von S&P LCD).
Bemerkenswert ist auch eine andere Entwicklung: Bei immer mehr Loans hängen die Coupons davon ab, ob bestimmte Nachhaltigkeitsziele erfüllt werden. Auch in der bisher weitgehend abgeschotteten Leveraged-Loan-Welt werden ESG-Überlegungen (Umwelt, Soziales und Governance) immer wichtiger. Je nachdem, ob Ziele wie die Verringerung der Treibhausgasemissionen oder ein ESG-Mindestrating von einer anerkannten Agentur erfüllt werden, wird die Zinsmarge in der Regel um 15 Basispunkte angehoben oder gesenkt. Zu den Emittenten, die in diesem Jahr bereits solche Loans begaben, zählen Elsan, Klöckner Pentaplast, Cérélia und Ahlsell.
Einige Marktteilnehmer sehen solche ESG-abhängigen Coupons kritisch, glauben sie doch, dass die Emittenten damit versuchen, weniger Zinsen zu zahlen. Schließlich ist die Nachfrage nach allem, was ESG im Namen trägt groß und die Ziele scheinen oft wenig ambitioniert. Die Kreditnehmer haben darauf reagiert und klargestellt, dass mögliche Zinsersparnisse zumindest teilweise an Umweltorganisationen gespendet oder in nachhaltige Projekte investiert werden. Außerdem weisen sie darauf hin, dass alle ESG-Ziele extern und unabhängig überprüft werden. Anfang März ging der griechische Kreditnehmer PPC noch einen Schritt weiter und begab Anleihen mit einem Coupon, der um 50 Basispunkte steigt, wenn das Unternehmen die CO2-Emissionen bis 2022 nicht um 40% senkt. Wird das Ziel hingegen erfüllt, hat der Kreditnehmer dadurch keinen Vorteil.
Immer mehr spricht dafür, dass ESG auch vor dem Loan-Markt nicht haltmacht. Über die European Leveraged Finance Association hat die Branche standardisierte ESG-Fragebögen für Firmen entwickelt, die Loans begeben wollen. Hinzu kommt, dass auch Private-Equity-Sponsoren nicht nur von ihren Kunden zu mehr Nachhaltigkeit angehalten werden, sondern nachhaltiges Investieren an einem engen Markt mehr und mehr als Wettbewerbsvorteil ansehen. Rechnen Sie im Laufe dieses Jahres mit mehr Nachrichten zu diesem Thema.
Zum Schluss ein Blick nach vorn: Die Biden-Administration dürfte berechenbarer als die Vorgängerregierung und eher bereit sein, mit der Welthandelsorganisation und der Europäischen Union zusammenzuarbeiten. Für den Welthandel und die exportorientierten europäischen Volkswirtschaften kann das nur gut sein. Durch das 1,9 Billionen US-Dollar schwere Konjunkturprogramm könnten die US-Staatsanleiherenditen deutlich zulegen, sodass auch die deutschen Bundesanleiherenditen steigen. Die Notenbanken haben aber alle Möglichkeiten, auf einen unerwarteten Renditeanstieg zu reagieren. Angesichts der hohen Staats- und Unternehmensverschuldung werden sie davon auch Gebrauch machen. Wie so oft können die Dinge aber leicht aus dem Gleichgewicht geraten. Investoren sollten sich daher auf mehr Volatilität einstellen. Einstweilen scheinen die Rahmenbedingungen für den Leveraged-Loan-Markt aber gut zu sein.
¹Die Break-Even Inflationsrate ist eine Kennziffer zur Beurteilung der Effizienz einer inflationsindexierten Anleihe gegenüber einer vergleichbaren, traditionellen Schuldverschreibung.
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*) Jens Vanbrabant ist Portfolio Manager bei Wells Fargo Asset Management.