Foundation | Welcome

Menu


Gastbeitrag: Offshore-Wind – exklusive Nische mit viel Potenzial

Offshore-Windenergie spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energiewende. Leistung und Ertrag sind höher als bei Onshore-Anlagen. Sie profitieren auf offener See von vergleichsweise stärkeren und konstanteren Winden und die maximale Anzahl an Betriebsstunden ist in der Regel wesentlich höher. Zudem gibt es deutlich größeres Ausbaupotenzial. Ohne diese noch zur Verfügung stehenden Kapazitäten ist es praktisch undenkbar, den steigenden Strombedarf – etwa für die wachsende Bedeutung der Elektromobilität oder die Umstellung der Industrie auf „grünen“ Wasserstoff – aus Erneuerbaren zu decken.

Dr. Nicole Arnold

Grundsätzlich sind Offshore-Windkraftanlagen auch als Sachwertanlage für institutionelle Investoren interessant. Doch entsprechend zu investieren ist leichter gesagt als getan. Die Möglichkeiten zum Einstieg sind überschaubar. Zudem kommt es auf den richtigen Einstiegszeitpunkt an.

Ende 2023 gab es in Deutschland 29 Offshore-Windparks mit insgesamt mehr als 1.500 einzelnen Windenergieanlagen und etwa 8,5 GW installierter Leistung – die meisten davon in der Nordsee. Zum Vergleich: Zum selben Zeitpunkt gab es 29.000 Onshore-Windenergieanlagen mit 61 GW installierter Leistung (Quellen: jeweils EnBW). Das zeigt erstens das noch erhebliche Offshore-Ausbaupotenzial und zweitens, dass die installierte Leistung je Offshore-Windrad im Durchschnitt mehr als doppelt so groß ist wie Onshore.

Wenige Einstiegsmöglichkeiten für institutionelle Investoren
Offshore-Windparks sind jedoch zumeist im Besitz ihrer Betreiber, die die Anlagen oftmals auch ursprünglich geplant und in Betrieb genommen haben, zum Beispiel große Versorger und Energiekonzerne wie Orsted, RWE oder Vattenfall. Da sowohl die Investitionssummen im Milliardenbereich als auch die Entwicklungsrisiken vergleichsweise hoch sind, bilden sich in der Regel Konsortien von Eigentümern. An diesen sind neben den Versorgern nicht selten auch die Turbinenlieferanten und daneben auch Projektierer, Finanzdienstleister sowie Industriekonzerne beteiligt. Für institutionelle Investoren, die sich mit kleineren Ticketgrößen an kapitalintensiven Offshore-Windparks beteiligen möchten, gibt es jedoch bisher nur wenige Opportunitäten.

In der Regel sind institutionelle Investoren an möglichst regelmäßigem und planbarem Cashflow interessiert. Die Entwicklungs- und Konstruktionsrisiken bei der Entwicklung, dem Bau und dem Betrieb neuer Offshore-Windparks werden deshalb gemieden. Infrage kommen deshalb nur Windparks, die bereits operativ sind, das heißt seit einiger Zeit in Betrieb und erprobt sind, ein nachvollziehbares Erzeugungsprofil und ein kalkulierbares operatives Risko aufweisen. Zumeist ist das nach etwa fünf bis sechs Jahren nach Baubeginn der Fall. Das ist wiederum nur dann möglich, wenn ein vorheriger Investor, beispielsweise ein Versorger oder Turbinenlieferant, seine Anteile (teilweise) zum Verkauf stellt, etwa um Kapital für Investitionen in neue Projekte freizusetzen.

Entscheidend ist, wie der Strom ins Netz kommt
Neben dem Erzeugungsprofil ist auch die Vermarktungsstruktur des erzeugten Stroms ein entscheidender Faktor für den Investitionserfolg. Offshore bestehen hierzu zwei wesentliche Möglichkeiten: Entweder erfolgt die Einspeisung des erzeugten Stroms zu staatlich garantierten und geförderten Einspeisevergütungen. Oder die Vermarktung erfolgt über langfristige Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) mit großen Abnehmern, beispielsweise Stromversorgern oder Industriekonzernen, die sich eine klimaneutrale Stromversorgung sichern wollen. Ab 2017 wurde die Einspeisevergütung bei neuen Anlagen per Auktion ermittelt und seither sukzessive zugunsten von PPAs zurückgedrängt.

Auch wenn PPAs inzwischen ebenfalls auskömmliche Margen generieren können: Es kann für institutionelle Investoren durchaus vorteilhafter sein, sich an Offshore-Windparks zu beteiligen, deren Inbetriebnahme lange genug zurückliegt, um noch von attraktiven Einspeisevergütungen zu profitieren. Gleichzeitig sollte dies aber auch nicht zu lange zurückliegen, sonst fehlen unter Umständen wichtige Technologiesprünge und die Restlaufzeit könnte zu kurz werden: In der Regel sind Offshore-Windparks für eine Betriebsdauer von um die 30 Jahre ausgelegt.

Aufwand und erforderliche Expertise sind immens
Nicht nur der Bau, auch der Betrieb von Offshore-Windanlagen ist aufwendig und erfordert sehr viel Know-how. Allein für die Wartung muss eine eigene Infrastruktur vor Ort bereitgestellt werden, mit speziellen Wartungsschiffen, Hubschraubern, Kränen, einer eigenen Logistik sowie bestens ausgebildeten Fachleuten. Auch die Netzanbindung ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Institutionelle Investoren müssen sich bei diesen Themen auf die Expertise des jeweiligen Betreibers und Asset Managers verlassen können. Der Auswahl kommt daher eine entscheidende Bedeutung zum.

Unterm Strich kann Offshore-Windenergie als Portfolio-Beimischung institutionellen Investoren viele Vorteile bieten: relativ stabile und prognostizierbare Cashflows, die nicht oder nur wenig mit anderen Stromerzeugungsarten korrelieren, wenig negative Begleiterscheinungen wie Abstandsregelungen zu Siedlungsflächen, Flächenverbräuche an Land etc. – und vor allem: die Beteiligung an einem Rückgrat der deutschen Energiewende und damit gesamtgesellschaftliche Relevanz.

---
*) Dr. Nicole Arnold, Mitglied des Vorstands, Commerz Real