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„Ich würde insgesamt eher von einer Rückkehr zur Normalität als von einer möglichen Krise sprechen“

Immobilieninvestments zählen bei institutionellen Investoren nach wie vor zu den elementaren Portfoliobausteinen. Doch welchen Einfluss haben Coronakrise, die derzeitige Inflations- und Zinsdynamik sowie das Thema ESG auf Investmententscheidungen? IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Thomas Konanz, Kapitalanlagenmanagement der VBL – Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, und Axel Vespermann, Head of Real Estate von Universal Investment, über aktuelle Entwicklungen und nicht zuletzt auch die langjährige Beziehung zwischen beiden Häusern beim Thema Immobilie.

Thomas Konanz

Axel Vespermann

IPE D.A.CH: Herr Konanz, wie sieht die Geschäftsbeziehung zwischen der VBL und der Universal Investment genau aus?
Konanz: Ich selbst bin seit 2007 bei der VBL und dem Thema Alternative Anlagen von Anfang an sehr stark verbunden. Wir haben 2010 angefangen über Spezialfonds auch indirekte Immobilieninvestments zu tätigen und haben in den ersten Jahren die Zusammenarbeit mit verschiedenen externen Anbietern – unter anderem mit Universal Investment – begonnen. Über die Universal haben wir auch relativ schnell angefangen sogenannte Plattform-Mandate aufzusetzen, wo wir neben der KVG und der Verwahrstelle auch externe Asset Manager für unterschiedliche Sub-Assetklassen und Strategien mit ins Boot geholt haben. Über die Jahre und unterschiedliche Marktphasen kann ich konstatieren: das Modell funktioniert sehr gut!
Vespermann: Die Trennung KVG und Asset Management war in den ersten Jahren sicher etwas ungewöhnlich, aber in der Nachschau war es sicher eine sehr gute Entscheidung. Der größte Vorteil ist aus meiner Perspektive, dass man alle Asset Manager durch diese Konstruktion auch untereinander in einem gewissen Wettbewerb hält. Der VBL ist es dadurch auch gelungen, in neue Marktsegmente sehr schnell zu expandieren und Chancen zu nutzen.

IPE D.A.CH: Wie hat sich Ihr Immobilienportfolio über die Jahre entwickelt und wo gibt es aktuell Bewegung, Herr Konanz?
Konanz: Wir sind als typische deutsche Pensionskasse seit jeher im deutschen Markt und dort speziell im Wohnsegment investiert. Bei Auf- und Ausbau unserer indirekten Investments über Fonds sind wir ab 2010 zunächst dem Thema Wohnen treu geblieben, allerdings auch mit einem Blick ins europäische Ausland und Nutzungsarten wie beispielsweise studentisches Wohnen. Ab 2013 haben wir uns entschieden, weiter zu diversifizieren und sind mit neuen externen Asset Managern, die wir angebunden haben, ins Thema Lebensmitteleinzelhandel/Nahversorgung eingestiegen. Diese beiden Segmente sind auch heute noch immer unser Kernportfolio bei den indirekten Investments mit etwa zwei Drittel Wohnen und ein Drittel Nahversorgung.

IPE D.A.CH: Haben Sie Ihre Zielallokation für Immobilien im Gesamtportfolio damit erreicht?
Konanz: Wir sind mit den beiden genannten Themen hier sehr schnell und effektiv dahin gekommen, wo wir wollten. Mittlerweile stoßen wir – je nach Geschäftsbereich in der Pensionskasse – durchaus an aufsichtsrechtliche Grenzen. Insgesamt wird aber unser Gesamtbestand weiterwachsen.

IPE D.A.CH: Mit den beiden genannten Standbeinen im Fokus?
Konanz: Wohnen und Nahversorgung werden ganz klar unsere Kernbereiche bleiben, aber durchaus im Sinne einer Core-Satellite-Strategie, das heißt wir werden uns weiterhin andere Themen und Märkte anschauen und je nach Attraktivität auch investieren.

IPE D.A.CH: Zumindest durch die Corona-Krise dürften Sie mit den beiden genannten Segmenten sehr gut gekommen sein…
Konanz: Das ist richtig, es gab im Immobilienbereich wohl keine anderen Segmente, die ähnlich gut durch die Krise gekommen sind wie Wohnen und Nahversorgung. Wir haben Corona natürlich als Krise nie kommen sehen, fühlen uns aber mit unserer konservativen Ausrichtung des Immobilienportfolios voll und ganz bestätigt. Gewohnt und gegessen bzw. getrunken wird schließlich immer.

IPE D.A.CH: Gerade seit Jahresanfang sind die Zinsen deutlich gestiegen. Wie stark beschäftigt dies institutionelle Immobilienanleger?
Vespermann: Beim Blick ins eigene Portfolio beschäftigt das Thema natürlich, ich habe aber noch von keiner Krisensitzung gehört. Auf unserer Plattform sind die Immobilien tendenziell deutlich unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze fremdfinanziert, insofern ist der Einfluss geringer. Zudem wurden in der Niedrigzinsphase die Laufzeiten eher länger gewählt, so dass es erst über die Jahre zu höheren Kosten führen wird. Auf der anderen Seite sieht man durch die deutlich gestiegenen Inflationsraten aber bereits jetzt gegenläufige Effekte. Viele Mietverträge sind inflationsindexiert und bringen nun deutlich höhere Einnahmen.
Konanz: Wir sind mit unseren Spezialfonds wie schon angesprochen im ohnehin aufsichtsrechtlich stark regulierten Umfeld mit maximal 50% bzw. 60% möglichem Leverage. Dies schöpfen wir zudem bei weitem nicht aus. Wir bekommen aber aus dem Markt mit, dass die Zinssteigerungen gerade auf der Projektierungsseite vieles durcheinander bringen. Gerade für konservative Anleger mit einem hohen EK-Anteil ergeben sich allerdings Chancen. Ich würde insgesamt eher von einer Rückkehr zur Normalität als von einer möglichen Krise sprechen.

IPE D.A.CH: Was macht es insgesamt mit den Kaufpreisen?
Vespermann: Ich will es einmal so formulieren, es gibt erstmal seit längerem wieder Käufer, die sich trauen den „Asking Price“ des Verkäufers in Frage zu stellen und ein eigenes Angebot abzugeben. Es kommt wieder zu Preisverhandlungen. Das haben wir in den letzten Jahren fast nie gesehen, wo man mit Fug und Recht von einem Verkäufermarkt sprechen konnte. Das Machtverhältnis zwischen Verkäufern und Käufern ist also zunehmend wieder ausgeglichen.

IPE D.A.CH: Ich würde gerne auch auf das Thema ESG im Immobilienbereich zu sprechen kommen. Was ist hier in den vergangenen Jahren passiert?
Vespermann: Wir sehen trotz Inflation, gestiegenen Baukosten und Zinsen keinen Abbruch bei der Dynamik, was das Thema ESG angeht. Das Thema läuft weiter und es ist viel passiert. So wurde regulatorisch nachgebessert, der ganze Markt hat sich viel stärker auf das Thema eingestellt und wir sehen bei aktuellen Fondsauflagen niemanden, der sich nicht mit dem Thema Artikel-8-Fonds auseinandersetzt. Im Bestand sprechen wir dagegen noch mehrheitlich von Produkten, die nach Artikel 6 kategorisiert sind. Aktuell laufen hier die Gespräche, wie es zu schaffen ist, diese als nachhaltige Fonds im Sinne von Artikel 8 auszurichten. Artikel-9-Fonds sehen wir bislang kaum, insbesondere da hier teils noch konkretere Definitionen fehlen.

IPE D.A.CH: Das große Thema ist also der Bestand?
Vespermann: Wenn Sie bedenken, dass rund 80% der Immobilien, die im Jahr 2050 die entsprechenden Klimaziele erfüllen sollen und müssen, bereits stehen, so ist das in der Tat der spannende Teil und das zentrale Thema der kommenden Jahre. Für uns als KVG, die auch auf die regulatorischen Bedingungen im Gesamtportfolio eines Investors achten muss, ist dies sicher eine nicht unerhebliche und diffizile Aufgabe.

IPE D.A.CH: Den Ball greife ich gerne auf und spiele ihn an Sie, Herr Konanz, weiter. Wie schaffen Sie es auf Gesamtportfolio-Ebene diese unterschiedlichen Ansätze und Kennziffern von Asset Managern zu aggregieren?
Konanz: Unsere ESG-Strategie wird zunächst einmal bei uns im Haus global vorgegeben. Wir sind ja letztlich auch Produktanbieter gegenüber unseren Kunden und haben ebenfalls neue Transparenz- und Informationspflichten seitens Politik und Aufsicht bekommen. So haben wir als VBL beschlossen, dass neben den langfristig positiven Anlageergebnissen, die wir brauchen, um unsere Verpflichtungen gegenüber unseren Kunden zu erfüllen, auch ESG-Kriterien eine wichtige Rolle in unserer Gesamtstrategie spielen. Konkret haben wir beim Thema Immobilien dann mit der Universal Investment definiert, welche Kennzahlen und Parameter wir zukünftig brauchen, um unsere Strategieziele zu messen und erreichen zu können. Gerade bei Immobilien sind ja viele Daten, wie zum Beispiel in Form eines Gebäudeenergieausweises, vorhanden. Hierauf gilt es aufzubauen, zum Beispiel in Form von Echtzeitdaten. Die Abstimmung mit unterschiedlichen Asset Managern schafft hier zwar ein gewisses Maß an Komplexität, hat aber auch gewisse Vorteile. Schließlich hat jeder Manager eine unterschiedliche Herangehensweise und Agenda. So gewinnen wir schnell einen guten Marktüberblick und können einzelne Initiativen und Vorgaben priorisieren.
Vespermann: Es sind auch sehr unterschiedliche Dynamiken, die in den unterschiedlichen Immobilien-Assetklassen entstehen. Sie haben auf der einen Seite zum Beispiel einen Lebensmittler, der eine starke Eigeninitiative zu Energiesparmaßnahmen in den Supermärkten zeigt und damit auch Schwung in die Entwicklung einer ESG-Strategie bringt. Auf der anderen Seite sehen wir zum Beispiel beim Thema Wohnen oft noch wenig Bereitschaft, da Mieter oft eine Preissteigerung hinter den Energiesparmaßnahmen sehen.

IPE D.A.CH: Sind die aktuellen Energiepreise hier ein Katalysator?
Vespermann: Es ist sehr heterogen, ich kann hier noch keinen klaren Trend erkennen, was vermutlich auch an der Verfügbarkeit von Material und Handwerkern liegt. Im Einzelfall sieht man allerdings schon eine gestiegene Aktivität. Insgesamt dürfte dies vor allem mittelfristig wirken.
Konanz: Wir sehen bei derlei Maßnahmen auch sehr oft eine Skepsis bei Mietern, allerdings zerstreut sich diese dann sehr schnell, wenn die ersten Abrechnungen nach den erfolgten Maßnahmen eintreffen. Wichtig ist hier eine transparente Kommunikation. Tatsächlich sehen wir momentan eher die Skepsis, wie lange es dauert und wie laut es wird.

IPE D.A.CH: Ich würde vom ‚E‘ in ESG gerne noch auf das ‚S‘ kommen. Wie weit ist die Immobilienbranche hier und was lässt sich beim Thema ‚Social‘ überhaupt umsetzen?
Konanz: Durch den Quartiersgedanken bei Neuentwicklungen ist das ‚S‘ im Prinzip immer mit implementiert. Es steht immer der Gedanke an Nahversorgung und Kinderbetreuung im Raum. In Bestandsgebieten ist es natürlich umso wichtiger, anstehende Sanierungen zu nutzen, um hier auch nachzuziehen.
Vespermann: Bei Fondsneuauflagen sehen wir das Thema ‚E‘ ganz klar vorne, aber wie Herr Konanz schön ausgeführt hat, ist jede Neuentwicklung zu einem gewissen Grad ‚S‘-kompatibel. Den primären Fokus auf das ‚S‘ sehen wir bislang allerdings nur bei einigen wenigen Produkten.

IPE D.A.CH: Was wäre Ihr Wunsch beim Thema ESG, was muss sich dringend ändern bzw. wo hakt es?
Konanz: Aus Investorensicht ist der erste Gedanke, was sagt die Regulation. Hier haben wir ab 2023 neue Anforderungen und Grundlagen, die ohne Frage auch lange angekündigt waren. Allerdings haben die RTS (Regulatory Technical Standards, Anm. d. Redaktion) so lange auf sich warten lassen, dass kaum eine vernünftige Vorbereitung seitens der Investoren möglich war. Hier würde ich mir für die Zukunft eine rechtzeitige Information wünschen.
Vespermann: Wir sind froh, dass das Thema in der Immobilienbranche angekommen ist und ich würde mir wünschen, dass die aktuelle Dynamik nicht verloren geht. Dafür ist das Thema zu wichtig!

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!

Das vollständige Interview mit Thomas Konanz und Axel Vespermann finden Sie in unserem aktuellen IPE D.A.CH Jahrbuch Asset Management 2022.