„In Zukunft wird es vielleicht Arbitragemöglichkeiten zwischen US- und EU-CO2-Zertifikaten mit Lenkungseffekt auf die Realwirtschaft geben“, sagte Günther Herndlhofer, Leiter der Veranlagung bei der VBV Vorsorgekasse mit 5,5 Mrd. Euro an verwaltetem Vermögen in einer Rohstoff-Diskussionsrunde beim Sustainable Investment Summit in Wien vergangene Woche.
Die Vorsorgekasse hat eine strategische Rohstoffallokation von 2,5%. Eines der Investments wird über einen Rohstofffonds von IQAM getätigt, der CO2-Zertifikate als Collateral einsetzt. Direkt in CO2-Zertifikate investiert die Vorsorgekasse noch nicht, wie Herndlhofer im Gespräch mit IPE DACH nach dem Panel bestätigte. Aber er sieht darin „ein sehr spannendes Thema mit Zukunft“, denn diese Zertifikate seien „nicht nur eine Frage des ESG sondern auch der Renditechancen“ in einigen Jahren.
Ein Problem, das Herndlhofer gegenüber IPE DACH in Bezug auf CO2-Zertifikate vorsichtig bleiben lässt, ist die Politik: „Es kann sein, dass zum Beispiel in einer Rezension einfach entschieden wird, diese Zertifikate abzuschaffen.“
Bis dahin könnten solche Zertifikate, wie Herndlhofer erläuterte, aber einen „Lenkungseffekt auf die Realwirtschaft“ haben. Davon zeigte sich am Panel auch Thomas Kaiser, Asset Manager bei IQAM, überzeugt.
Das Unternehmen setzt CO2-Zertifikate seit kurzem als Overlay für einen Rohstofffonds ein. Kaiser gab zu bedenken, dass die CO2-Märkte „lange Zeit nicht gut funktioniert hatten und damit einen schlechten Ruf bekommen haben“.
Allerdings habe es in den letzten fünf Jahren am europäischen Emissionsrechtemarkt (European Allowances) „Nachschärfungen wie etwa die Marktstabilisierungsreserve gegeben, die die Überschüsse rausgenommen hat“.
Der Europäische CO2-Markt ist übrigens der größte CO2-Markt. Er erfasst etwa 49% des europäischen CO2. Durch den Kauf und das langfristige Halten solcher Zertifikate können Investoren einen „Löscheffekt“ auslösen, was zu Einsparungseffekten führt. Das ist für IQAM eine der drei Säulen, um das Rohstoffportfolio nachhaltiger zu gestalten. Eine andere ist der Ausschluss von Lebensmitteln und die dritte ist die Anwendung von Ratings, die sich die Nachhaltigkeit von Commodities ansehen.
Dafür setzt IQAM das auf Nachhaltigkeit spezialisierte österreichische Ratingunternehmen „rfu – Mag. Reinhard Friesenbichler Unternehmensberatung“ ein. Christian Loy, Head of Research bei der rfu, gab zu bedenken, dass solche Klimazertifikate „einen bestimmten Preis haben müssen, um einen Steuerungseffekt zu erzielen“. Die Preise seien lange Zeit „dahingedümpelt“. In der EU liege er jetzt bei etwa 90 Euro pro Tonne CO2, in den USA eher bei 30 US-Dollar oder weniger. Die Frage ab wann ein Lenkungseffekt eintrete bleibe ungeklärt. „Dieser fehlende Effekt wird wenig diskutiert“, so Loy.
Loy bestätigte auch, dass die rfu laufend Anfragen für die Bewertung völlig neuer Investitionsfelder, wie z.B. freiwillige CO2-Kompensationsmechanismen, von der Metallverarbeitenden Industrie für neue Rohstoffklassen oder aus dem Immobilienbereich für Vergleiche von Baustoffen erhalte.
Das Panel bestätigte ferner, dass es noch keine oder kaum nachhaltigkeitsbezogene Rohstoffbörsen gebe, außer z.B. bei Gold und Silber, wo es Angebote mit 100% Recyclinganteil gebe oder z.B. Ausschluss von russischem Gold.
Herndlhofer würde sich zum Beispiel Angebote im Bereich „Responsible Aluminium“ wünschen. Aber hier sieht er kurzfristig weniger eine Frage der Börse als der Lieferketten: „Unternehmen werden sich ansehen, woher da Aluminium kommt.“