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„Zuallererst hat die Corona-Krise den Investoren das Strompreisrisiko vor Augen geführt“

Der Erneuerbare-Energien-Spezialist re:cap global investors feiert in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum. IPE D.A.CH-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach zu diesem Anlass mit Geschäftsführer Thomas Seibel über den Status Quo im Bereich erneuerbare Energien und „Lessons learnt“ aus den vergangenen zehn Jahren.

Thomas Seibel

IPE D.A.CH: Herr Seibel, wo steht der Markt im Jahr 2020?
Seibel: Wir können dieses Jahr 20 Jahre EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) feiern, ich denke man kann hier absolut von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Für die Investoren brachte die 20-jährige Garantie, für den produzierten Strom einen fixen Betrag zu bekommen, ein hohes Maß an Planungssicherheit und die Chance, sich mit einer neuen Assetklasse zu beschäftigen. Dies hat sich über die 20 Jahre sehr gut entwickelt.

IPE D.A.CH: Wie sind Sie selbst mit re:cap in den Markt eingestiegen?
Seibel: Unser Fokus galt 2010 zunächst ganz dem Thema Solar, erst 2013 bzw. 2014 haben wir uns dann näher mit dem Thema Onshore Wind befasst. Wichtig war und ist für uns immer, dem Investor ein diversifiziertes Produkt anbieten zu können. Gerade in den Anfangsjahren unserer Branche konnte und wollte noch kein institutioneller Investor das Klumpenrisiko eines einzelnen Solarparks (bzw. Windparks) in die Bücher nehmen.

IPE D.A.CH: Was unterscheidet Ihr Wind- vom Solarportfolio?
Seibel: Es ist insbesondere die regionale Diversifikation. Während wir beim Solarportfolio ganz auf Anlagen im Inland gesetzt haben, brauchen Sie beim Thema Wind aufgrund der größeren Schwankungen eine breitere regionale Diversifikation. Entsprechend haben wir uns hier in ganz Europa positioniert um von den negativen Korrelationen zwischen den einzelnen Standorten profitieren zu können.

IPE D.A.CH: Im Jahr 2018 haben Sie dann einen Mischfonds aufgelegt…
Seibel: Richtig, wir wollten hier aus der Erfahrung der ersten Fonds ein breit diversifizierendes Vehikel aufsetzen, das ergänzend auch in Themen wie Wasser und Batteriespeicher investieren kann. Gerade das Thema Speicher ist in Zeiten, in denen wir auch schon negative Strompreise gesehen haben, hochinteressant.

IPE D.A.CH: Woran hakt es aktuell im Markt?
Seibel: Beim Thema Wind ist die Genehmigungssituation alles andere als konstruktiv. Durch das herumlavieren der Politik ist hier in den vergangenen ein bis zwei Jahren in Deutschland ganz wenig passiert. Deswegen sind wir gerade in diesem Bereich sehr stark international vorangegangen, z.B. in Schweden oder Finnland, wo es Investment-seitig von den Rahmenbedingungen her auch ohne staatliche Subventionsmaßnahmen funktioniert.

IPE D.A.CH: Wie sehen Sie grundsätzlich die Situation, in der regenerative Energien zunehmend ohne staatliche Subventionen auskommen müssen?
Seibel: Es wird beim Thema Risiko immer eine Rolle spielen, da beispielsweise die staatlich garantierten Preise zumeist für 15 oder sogar 20 Jahre wie im Fall des EEG fixiert waren. In Regionen wie Südeuropa für Solar oder wie angesprochen Nordeuropa für Wind bekommen Sie für eine Anlage durchaus ein PPA (Power Purchase Agreement, Anm. d. Redaktion) mit einer 10-jährigen Laufzeit, aber Sie haben danach das Strompreisrisiko. Es muss jedem Investor bewusst sein, dass das Risiko heute anders ist als vor 10 Jahren. Wenn Sie das Rendite-/Risikoprofil gegenüber klassischen Bondinvestments ansehen, ergeben sich aber trotz der Illiquidität und Laufzeit der Investments sehr attraktive Optionen.

IPE D.A.CH: Wie hat das Bewusstsein für den Klimawandel die Herangehensweise der Investoren an das Thema erneuerbare Energien verändert?
Seibel: Das Interesse am Thema ist definitiv stark angestiegen. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir hier nochmals einen deutlichen Schub gesehen. Natürlich ist das Thema Rendite deswegen nicht vom Tisch gedrängt, es muss natürlich dennoch eine gewisse Verzinsung des eingesetzten Kapitals dargestellt werden können.

IPE D.A.CH: Wir haben bereits über das Thema Diversifikation gesprochen. Treibt dies der Klimawandel mit stark volatilen Wetterlagen weiter voran, was sind hier die „Lessons learnt“ der vergangenen Jahre?
Seibel: Investoren haben hier – nicht nur in Deutschland – ganz sicher eine Lernkurve durchgemacht. So hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass die allermeisten Gutachten für Solarparks zu konservativ waren, die Erträge also deutlich positiver. Beim Thema Wind ist es dagegen umgekehrt. Wir hatten zuletzt eher schwächere Windjahre, es wird also jetzt konservativer kalkuliert. Insgesamt wird – gerade ohne subventionierte Anlagen – deutlich stärker diversifiziert.

IPE D.A.CH: Was hatte die Corona-Krise für einen Einfluss auf die Branche?
Seibel: Zuallererst hat die Corona-Krise den Investoren das Strompreisrisiko vor Augen geführt. Der Ölpreisverfall und die Lock-down-Maßnahmen haben den Strompreis kurzfristig sehr unter Druck gesetzt. Wir selbst waren direkt nicht betroffen, da alle unsere Anlagen entweder über einen PPA oder über einen Einspeisetarif verfügen, aber wir sprechen hier am freien Markt von einem Preis von 10 Euro je Megawattstunde, während wir in der Vergangenheit eher Richtung 50 Euro tendierten.

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns in die Zukunft blicken. Welchen Renditen halten Sie auf Sicht der nächsten zehn Jahre mit einem Portfolio im Bereich regenerative Energien für möglich?
Seibel: Mit einer konservativen Ausrichtung halte ich 5-6% p.a. für realistisch. Wenn ein Investor bereit ist, darüber hinaus Risiken einzugehen wie z.B. Investment in Osteuropa beizumischen oder Projektentwicklungsrisiken mit einzugehen, so sprechen wir in der Range von 7-8% p.a.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!