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Gastbeitrag: Börsennotierte Infrastruktur – mit Versorgern und erneuerbarer Energie gegen Inflation absichern

In Zeiten von Inflation und Volatilität sind stabile Erträge und Inflationsschutz Gold wert. Die Renditen von Aktien börsennotierter Infrastrukturanbieter haben auf lange Sicht sowohl US-Staatsanleihen als auch globale Aktien übertroffen – und die Anlageklasse hat Eigenschaften, die sie zu einer spannenden Anlage in Inflationszeiten machen.

Tim Humphreys

Ob Telekommunikation, Flughäfen, Straßen oder Wasser- und Stromversorgung: Ohne Infrastruktur funktionieren weder das alltägliche Leben noch die Wirtschaft. Entsprechend gehört Infrastruktur zu jenen Anlageklassen, die ungeachtet der wirtschaftlichen Situation und der Phase des Wirtschaftszyklus stabile Erträge generieren. Wenn die Inflation steigt und die Notenbanken die Leitzinsen anheben, können Investments in Infrastruktur wichtigen Schutz vor Kaufkraftverlust bieten.

Essenzielle Infrastruktur
Eine besonders interessante Gruppe innerhalb der Anlageklasse ist die sogenannte Essenzielle Infrastruktur. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie für das grundsätzliche Funktionieren einer Gesellschaft unentbehrlich ist, sodass die hier aktiven Anbieter unabhängig vom Konjunkturzyklus wachsende Erträge generieren können. Sie haben zudem oft eine Monopolstellung oder ein Minimum an Konkurrenz, entsprechend große Preissetzungsmacht, sind stark reguliert oder haben langfristige Verträge und zeichnen sich durch stabile Cashflows und ein minimales Greenfield-Risiko aus. Unternehmen mit diesen Eigenschaften finden sich vor allem unter regulierten Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgern sowie Anbietern von regulierten oder vertraglich gebundenen Pipelines, Mautstraßen, Flughäfen und Funkmasten.

Diese Sektoren besitzen außerdem starke defensive Eigenschaften. So zeigt Infrastruktur konsistent wachsende Profite, die sich langfristig in einem überragenden Gewinnwachstum niederschlagen – im Gegensatz zu globalen Aktien, bei denen die Schwankungen extrem sein können (s. folgende Abbildung). Und auch die langfristigen Erträge sind im Vergleich zu Aktien höher. So übertraf die durchschnittliche jährliche Rendite börsennotierter Essenzieller Infrastrukturwerte in den vergangenen 22 Jahren globale Aktien (MSCI World) um 1,6 Prozentpunkte und war auch 10-jährigen US-Staatsanleihen um 0,7 Prozentpunkte voraus.



Vor vielen Risiken geschützt
Auch vor den weitverbreiteten Risiken ist Essenzielle Infrastruktur relativ gut geschützt. So sorgt der hohe Regulierungsgrad für mehr Sicherheit sowohl im Hinblick auf Klimawandel sowie Umwelt-, Soziale- und Governance-Faktoren als auch im Hinblick auf sich ändernde Rohstoffpreise. Gleichzeitig gibt es eine natürliche Wechselkursabsicherung, da Infrastrukturanbieter Schulden oft in derselben Währung aufnehmen, in der sie Cashflows generieren.

Das Kreditrisiko ist bei Infrastrukturunternehmen ebenfalls geringer. Denn es handelt sich in der Regel um sehr kreditwürdige Gegenparteien, die manchmal zudem staatlich besichert sind. Gleichzeitig sind die Einnahmeströme vertraglich vereinbart beziehungsweise staatlich reguliert und die Nachfrage und die Cashflows bleiben über den Zyklus hinweg stabil. Durch die meist längeren Laufzeiten der Anleihen ist zudem das Refinanzierungsrisiko geringer als bei globalen Aktien. Hinzu kommt, dass Infrastrukturunternehmen in der Regel langlaufende Verbindlichkeiten zu festen Zinssätzen haben, sodass ihre Zinszahlungen auf kurze Sicht nicht beeinflusst werden, wenn die Zinsen steigen. Zum Vergleich: Unternehmen mit kurzlaufenden variabel verzinslichen Schulden unterliegen potenziell einem erheblichen Refinanzierungsrisiko. Solche Unternehmen findet man jedoch kaum im Infrastrukturbereich. Aus dem gleichen Grund ist das Zinsrisiko bei Infrastrukturunternehmen in der Regel relativ niedrig. Zwar hält sich hartnäckig die Meinung, dass sich Änderungen bei den Zinssätzen negativ auf den Infrastruktursektor auswirken können, da es zu einer Neubewertung der Cashflows im Vergleich zu Aktien kommt. Tatsächlich hat sich Infrastruktur in den drei Zinserhöhungsphasen seit dem Jahr 2000 jedoch besser entwickelt als der breite Aktienmarkt (s. folgende Abbildung).



Inflationsschutz durch Infrastrukturinvestments
Eine Eigenschaft, die heute besonders an Bedeutung gewinnt, ist die Fähigkeit von Infrastrukturinvestments, gegen steigende Inflation abzusichern. Essenzielle Infrastruktur verfügt naturgemäß über einen sehr starken Inflationsschutz – rund 95% eines Portfolios mit Essenzieller Infrastruktur verfügen über ein effektives Mittel, um Inflation zu kompensieren. Indem sie Preisstrukturen nutzen, die Klauseln für Inflationswachstum enthalten, können die meisten Infrastrukturunternehmen die höheren Kosten über Mautgebühren, Bereitstellungspreise oder Preisvorgaben durch den Regulierer an Verbraucher weitergeben – auch wenn es passieren kann, dass notwendige Anpassungen durch lange regulatorische Zyklen erst verspätet umgesetzt werden können. Dennoch wirkt sich steigende Inflation je nach Sektor unterschiedlich aus. Der eindeutige Gewinner ist die Energieinfrastruktur: Vor allem wenn Öl und Gas durch geopolitische Risiken teurer werden und auch die regionalen Preisunterschiede zunehmen, vergrößert sich die Menge der Rohstoffe, die sowohl innerhalb als auch zwischen Ländern transportiert werden. Unternehmen, die diese Dienstleistungen anbieten, profitieren. Das führt zudem zu einer verstärkten Explorations-, Bohr- und Investitionstätigkeit und langfristig auch zu einem höheren Transportvolumen über die Pipeline-Infrastruktur. Unternehmen können zudem höhere Kosten durch Tarifanpassungen an Verbraucher weitergeben – solche Regelungen sind normalerweise in ihren staatlich regulierten Verträgen enthalten.

Ähnlich verhält es sich mit Unternehmen, die die Infrastruktur für erneuerbare Energien zur Verfügung stellen. Auch diese Betreiber können steigende Kosten mithilfe von Vertragsklauseln zur Preisanpassung in der Regel an Verbraucher weitergeben. Ein gewisses Risiko sind für diesen Sektor jedoch die oft mit steigender Inflation einhergehenden höheren Zinsen. Diese können nicht über Tarifänderungen ausgeglichen werden und vor allem bei Wachstumsunternehmen können zunehmende Kapitalkosten die Bewertungen beeinflussen.

Bei regulierten Versorgern hängt alles davon ab, wie sie reguliert sind. In Europa und Großbritannien beispielsweise sind Tarife direkt oder indirekt an die Inflation gekoppelt. Zins- und Betriebskosten fließen in die Preisbildung ein, sodass sich höhere Fremdfinanzierungskosten und Eigenkapitalrenditen in höheren Tarifen widerspiegeln. Auf diese Weise bieten diese Investments Anlegern Schutz vor höherer Inflation. Andererseits kann es auch hier zu einer Verzögerung der Preisanpassung führen, da die Regulierungszyklen lang sind und ein Anstieg der Energiepreise für Verbraucher zu einem allgemeinen politischen und regulatorischen Druck führen kann. Zudem können steigende Anleiherenditen trotz dieser defensiven Eigenschaften von Infrastruktur zu vorübergehenden Ausverkäufen in diesem Sektor auf den Aktienmärkten führen. Für langfristige Investoren entstehen so Kaufgelegenheiten.

Anbieter von Kommunikationsinfrastruktur haben in ihren Geschäftsmodellen in der Regel einen Inflationsschutz eingebaut, indem ihre Verträge sehr lange Laufzeiten und ausdrückliche Preisgleitklauseln haben. Die Verträge unterscheiden sich aber je nach Region. In den USA etwa haben Betreiber von Funkmasten meistens eine fixe Preiserhöhung von jährlich ungefähr 3%. Inflation, die über die fixe Preisanpassung hinausgeht, kann dagegen die Margen unter Druck setzen, da die Kosten steigen. Den größten Kostenpunkt stellt für Anbieter von Funktürmen jedoch die Pacht für den Boden unter jedem Turm dar. Allerdings sind auch die Pachtverträge langfristig angelegt, und die Preisanstiege liegen unter denen, die die Unternehmen von ihren Kunden verlangen – mit langfristig positiven Folgen für die Gewinnspannen.

Infrastrukturanlagen im Transportsektor (Mautstraßen und Flughäfen) besitzen eine Einnahmestruktur, die ebenfalls Inflationsschutz bietet: Die Unternehmen in diesem Sektor können ihre Mautgebühren der Kernpreisinflation entsprechend anheben oder Regelungen zur Inflationsindexierung einbauen. Sie haben jedoch oft eine lange Cashflow-Duration und einen relativ hohen Verschuldungsgrad, was sie vor allem auf kurze Sicht gegenüber steigenden Zinsen empfindlich macht und so einige ihrer Vorteile aufhebt.

Auswahl entscheidet über Erfolg
Historisch und in absoluten Zahlen betrachtet profitieren Infrastrukturunternehmen in der Regel am meisten von einem Umfeld mit moderater Inflation, die sich in einem gesunden Cashflow-Wachstum niederschlägt – während die nominalen Basisrenditen weitestgehend unverändert bleiben. Die höchste Outperformance gegenüber den breiten Wachstumswerten und einen starken Abwärtsschutz bietet Infrastruktur jedoch in Zeiten hoher Inflation. Es gilt zudem zu berücksichtigen: Unterschiedliche Sektoren innerhalb der Anlageklasse Infrastruktur weisen unterschiedliche Risiko- und Renditeeigenschaften auf und reagieren auch unterschiedlich auf Inflation und geldpolitische Schritte. Um die möglichen Folgen steigender Inflation und Zinsen auf das Portfolio zu verringern, ist daher ein aktiver und selektiver Ansatz entscheidend.

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*) Tim Humphreys ist Portfoliomanager des Candriam GF AUSBIL Global Essential Infrastructure bei Ausbil.