Das vielleicht wichtigste Ergebnis der Konferenz – und das sollte in diesen unruhigen und kontroversen Zeiten nicht unterschätzt werden – war die Demonstration eines gemeinsamen Ziels und internationale Solidarität in der Frage des Klimawandels auf globaler Ebene.
Viele Berichterstatter hatten im Vorfeld der Konferenz ein völliges Scheitern vorausgesagt, aber der Eifer und die Entschlossenheit des COP-Präsidenten Alok Sharma trugen dazu bei, die intensiven und komplexen Verhandlungen zwischen 120 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt voranzutreiben.
Das Resultat war sicherlich nicht perfekt. Der Mangel an Dringlichkeit war sehr besorgniserregend, und die Zusicherung, die CO2-Emissionen bis 2070 auf Null zu reduzieren, überstieg bei weitem den von Klimawissenschaftlern geforderten Zeitrahmen. Experten gehen davon aus, dass Emissionen in diesem Jahrzehnt um 45% gesenkt werden müssten, um das Ziel Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Hochtrabende Ambitionen ohne sofortige Pläne zur Umsetzung werden nicht dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Auch die geplante Abkehr von fossilen Brennstoffen war letztlich ein enttäuschender Kompromiss, der Präsident Sharma sichtlich verärgert zurückließ. Statt einer Verpflichtung zum „Ausstieg“ aus der Nutzung von Kohle zur Energieerzeugung wurde die Formulierung in letzter Minute in „schrittweise Reduzierung“ geändert - ein wesentlich weicheres und weit weniger konkretes Versprechen.
Trotz dieser Unzulänglichkeiten gab es auch greifbarere Erfolge, wie die Lösung der operativen Details für die praktische Umsetzung des Pariser Abkommens, und 30 Länder bekundeten ihre Entschlossenheit, bis 2040 weltweit und bis 2035 in den führenden Märkten nur noch emissionsfreie Pkws und Transporter zu fertigen.
Vor diesem uneinheitlichen Hintergrund war die Bekanntgabe der Gewinner der MOBILIST-Initiative des britischen Entwicklungsministeriums (Foreign and Commonwealth Development Office, FCDO), mit der die umfangreichen und nachhaltigen Kapitalströme mobilisiert werden sollen, die zur Verwirklichung der Entwicklungs- und Klimaziele der Entwicklungsländer erforderlich sind, eindeutig positiv.
Kann die COP27 mehr erreichen?
Da ein langsameres Wirtschaftswachstum, höhere Energiepreise und steigende Zinssätze die Staatshaushalte weltweit belasten, wird es noch schwieriger, das jährliche Ziel von 100 Mrd. US-Dollar für die Klimafinanzierung der Entwicklungsländer zu erreichen.
Dieses Ziel wurde bereits vor der COP26 verfehlt - was aus der offiziellen Verlautbarung „mit Bedauern“ zur Kenntnis genommen wurde - und es ist zwingend notwendig, dass dieses Versprechen nicht weiter verfehlt wird.
Tatsache ist, dass die Industriestaaten in den letzten Jahren einen Freifahrtschein hatten: Sie haben umweltschädliche Produktionskapazitäten in die Entwicklungsländer ausgelagert und die fertigen Produkte importiert, während sie die Lorbeeren für die reduzierten CO2-Emissionen im eigenen Land einheimsen. Im besten Fall ist dies scheinheilig, im schlimmsten Fall ist es wirtschaftlich und moralisch falsch.
Zusammen mit der starken Inlandsnachfrage in einigen der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt führt das Nettoergebnis dieses Offshorings dazu, dass Asien heute mehr als die Hälfte der 35 Mrd. Tonnen CO2-Emissionen des Planeten produziert. Tatsächlich zeigen unsere Untersuchungen, dass die Kohlenstoffintensität des BIP der acht größten asiatischen Volkswirtschaften mehr als viermal so hoch ist wie die der größten europäischen Länder.
Die G7-Staaten haben alle ihre eigenen industriellen Revolutionen erlebt, vom Vereinigten Königreich im 18. Jahrhundert bis zu den USA, Japan und Deutschland im 19. Jahrhundert. Alle diese Perioden waren durch ein schnelles Wachstum von Innovation, Produktion und Lebensstandard gekennzeichnet, das auf Kosten einer extremen Umweltzerstörung und -verschmutzung ging.
Wenn diese Länder jetzt den Entwicklungsländern eine Lektion erteilen oder, noch schlimmer, ihnen ihren eigenen wirtschaftlichen Wandel verweigern, ist das pure Heuchelei. Stattdessen sollten sie partnerschaftlich zusammenarbeiten und dabei helfen, das Kapital und die Technologie für eine faire und gerechte Energiewende bereitzustellen, die die Entwicklung der ständig wachsenden Bevölkerung und Städte Asiens vorantreiben wird.
In den nächsten 25 Jahren wird die Bevölkerung Asiens um mehr als 650 Millionen Menschen wachsen und bis 2050 5,3 Milliarden erreichen. In Indien werden allein in Mumbai 42 Millionen Menschen leben - das ist mehr als die gesamte heutige Bevölkerung Polens und fast viermal so viel wie die von Belgien. Die Nachfrage nach Energie wird mit Sicherheit erheblich steigen.
Die größte Herausforderung in diesen beunruhigenden Zeiten des Krieges und steigender Lebenshaltungskosten besteht nicht darin, die Grenzen zu schließen und sich in kleinlichen Nationalismus zurückzuziehen, sondern darin, Widerstandsfähigkeit, Energiesicherheit und Umweltschutz in den Mittelpunkt jedes Wirtschaftsplans zu stellen.
Für Asien, wo die Sonne reichlich und zuverlässig scheint, der Wind regelmäßig weht und Biomasse in großen Mengen verfügbar ist, bedeutet dies die Entwicklung von sauberem, lokal erzeugtem Strom und einer nachhaltigen Energieinfrastruktur. Jedes erzeugte Megawatt an erneuerbarer Energie verringert die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen und stärkt die wirtschaftliche Sicherheit.
Mit Blick auf die COP27 besteht die große Hoffnung, dass die Vertragsstaaten ihren Worten Taten folgen lassen und die bisher gemachten, aber leider nicht eingehaltenen Versprechen einlösen.
Zweifellos stehen Staatshaushalte unter erheblichem Druck infolge miteinander in Konkurrenz stehender Interessen, aber wie der ehemalige französische Premierminister Pierre Mendes-France sagte: „Regieren heißt wählen“. Die Industrienationen stehen vor der Wahl, ihren Verpflichtungen nachzukommen oder sie aufzugeben, in globaler Partnerschaft zu arbeiten oder sich einseitig zu isolieren.
Die Nachwelt wird ihr Urteil fällen, wenn falsche Entscheidungen getroffen werden, und unsere Kinder werden den heutigen Staatsoberhäuptern und Führungspersönlichkeiten nicht verzeihen. Es ist Zeit für klares und entschlossenes Handeln.
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*) Nick Parsons, Leiter Research und ESG, ThomasLloyd Group