Zwischen Schein und Sein: Die wahre Performance
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Auslastung in der DACH-Region zeigt einen klaren Aufwärtstrend, mit einer prognostizierten Steigerung von 3% für 2024 bei gleichzeitigem Anstieg der Zimmerpreise um 4%. Eine differenzierte Analyse offenbart jedoch ein komplexeres Bild: Die Belegungsrate bleibt trotz steigender Nachfrage aufgrund des erweiterten Angebots noch 6% unter dem Niveau von 2019. Inflationsbereinigt lagen die Zimmerraten in Österreich 2023 gerade mal auf dem Niveau von 2019, in Deutschland sogar darunter - und das, obwohl die nominalen Raten 24% über dem Vor-Corona-Niveau liegen. Einzig die Schweiz verzeichnete in der DACH-Region reale Steigerungen, mit einem Anstieg der Übernachtungen um 9,9% in den ersten neun Monaten 2023.
Der Blick auf den gesamteuropäischen Markt zeigt eine noch dynamischere Entwicklung. London, Lissabon und Amsterdam führen die Liste der attraktivsten Investitionsziele an. Besonders beeindruckend präsentieren sich Paris und Rom mit ADR-Steigerungen von über 50% gegenüber 2019. Interessant ist dabei eine geografische Verschiebung des Investoreninteresses: Während klassische Märkte wie das Vereinigte Königreich und Deutschland (mit Rückgängen auf 37% bzw. 29%) etwas an Attraktivität einbüßen, gewinnen Destinationen wie Griechenland (31%), Spanien (33%) und Portugal (33%) zunehmend an Bedeutung.
Diese Erkenntnisse sind entscheidend für Investoren: Der alleinige Blick auf nominale Raten reicht für fundierte Investitionsentscheidungen nicht aus. Die europäische ADR-Entwicklung hat sich nach der außergewöhnlichen Post-Corona-Erholung auf einem robusten Niveau stabilisiert. Der Wachstumspfad normalisiert sich - von 17,6% im Dezember 2022 auf 4,6% im Dezember 2023, bei einem Gesamtniveau der europäischen ADRs, das Ende 2023 noch 25,9% über 2019 lag. Bis zum dritten Quartal 2024 konnten einige europäische Märkte sogar weitere, zweistellige Wachstumsraten erzielen.
Der stille Paradigmenwechsel bei Betreibermodellen
Eine bemerkenswerte Entwicklung vollzieht sich derzeit bei den Betreibermodellen. Traditionelle Pachtvertrags-Verfechter öffnen sich zunehmend für Management-Verträge und hybride Modelle mit Umsatzpacht-Komponenten – ein Trend, der die veränderte Marktrealität widerspiegelt. Diese hybriden Strukturen kombinieren eine Basis-Festpacht mit umsatzabhängigen Elementen, wodurch Chancen und Risiken ausgewogener zwischen Eigentümer und Betreiber verteilt werden. In Zeiten höherer Renditeanforderungen gewinnen flexible Betreibermodelle an Bedeutung, die eine direkte Partizipation am operativen Erfolg ermöglichen.
ESG: Vom Kostentreiber zum Werttreiber
Die Transformation zu nachhaltigen Hotelimmobilien ist längst keine Kür mehr, sondern Pflicht. Als Assetklasse mit überdurchschnittlichem CO2-Fußabdruck stehen Hotels besonders im Fokus. Doch was zunächst als regulatorische Last erscheint, entwickelt sich zum handfesten Wettbewerbsvorteil: Aktuelle Erhebungen belegen eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Hotelangeboten, für die Gäste bereit sind, einen Aufpreis zu zahlen.
Unser Ansatz ist dabei beispielsweise zweigeteilt: Einerseits bringen wir die Immobilie selbst auf einen grünen Pfad (CREEM-Pfad), andererseits implementieren wir mit den Betreibern konkrete operative Maßnahmen. Ein Schlüsselelement ist dabei die konsequente Implementierung von Green Lease-Vereinbarungen. Diese beinhalten neben klassischen Nachhaltigkeitsaspekten vor allem bindende Verpflichtungen zur ESG-Datenlieferung – ein Bereich, in dem viele Eigentümer noch Durchsetzungsprobleme haben. Unsere langjährige Expertise ermöglicht es uns, diese komplexen Anforderungen vertraglich zu verankern und operativ umzusetzen: von der Installation PV-Anlagen bis hin zu innovativen Gästekonzepten wie Kompensationsangeboten für den Verzicht auf tägliche Zimmerreinigung.
Geografische Verschiebungen im Markt
Die Marktdynamik zeigt deutliche regionale Unterschiede: Während Süd- und Westeuropa boomen, kämpfen osteuropäische Märkte noch mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Bemerkenswert ist dabei die Entwicklung in Spanien, das sich 2023 mit Transaktionen im Wert von 4,2 Mrd. Euro als führender europäischer Hotelmarkt etabliert hat, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 2,62 Mrd. Euro. London und Paris behaupten sich weiterhin als attraktivste Städte für Hotelinvestitionen, was die anhaltende Stärke der europäischen Metropolen unterstreicht.
Die DACH-Region positioniert sich dabei als stabiler Mittelpunkt: Nach Jahren mit signifikanten Transaktionsverlusten (2022 vs. 2023: -20%) zeichnet sich eine Trendwende ab. Stärkster Investmentmarkt für Hotels in Deutschland war Berlin, mit einem Marktanteil von fast 26%, gefolgt von München, Stuttgart und Hamburg. Wien und Frankfurt prognostizieren ab 2025 eine deutliche Zunahme der Investmentaktivität.
Diese Entwicklung wird durch die starke Performance der Bestandsobjekte gestützt: Nach einem starken Jahr 2023 erlebt Deutschland, mit Ausnahme Berlins, im Jahr 2024 eine positive Entwicklung der Übernachtungs- und Auslastungszahlen gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019. Im Rückblick auf das vergangene Jahr (September 2023 bis September 2024) bestätigt sich die positive Tendenz in den Teilmärkten. Zürich und Wien konnten sowohl die Auslastungszahlen (+2%) als auch die durchschnittlichen Zimmerraten (+5%) erneut leicht verbessern.
In Deutschland ist ebenfalls eine deutliche Erholung erkennbar. In jedem der etablierten Hotelmärkte deuten die Zahlen auf Wachstum hin. Insbesondere Stuttgart ist hier hervorzuheben: Hier entwickelt sich nicht nur die Auslastung am positivsten (+8%), sondern auch die durchschnittliche Zimmerrate (+12%).
Die zunehmenden nationalen Reisezahlen haben das Vor-Corona-Niveau bereits erreicht oder übertroffen. Bei internationalen Reisen liegt der Rückstand nur noch bei etwa 6%. Diese positive Entwicklung, gepaart mit der eingebrochenen Neubautätigkeit, dürfte kurzfristig zu einer Verknappung des Angebots führen.
Die Prognosen für 2025 sind vielversprechend: Experten erwarten eine Steigerung der europäischen Investitionsvolumina um 15% bis 25%, begünstigt durch verbesserte Kapitalmarktbedingungen und die angekündigte Lockerung der EZB-Zinspolitik.
Ausblick: Neue Chance für strategische Investoren
Mit der zunehmenden Normalisierung des Transaktionsmarktes steigt das Investoreninteresse weiter. Die Zahlen sind vielversprechend: Allein in Deutschland erreichte das Transaktionsvolumen in den ersten drei Quartalen 2024 knapp eine Milliarde Euro – ein Plus von 73% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die wachsende Marktdynamik wird durch über 60 registrierte Deals unterstrichen, wobei ausländische Investoren mit einem Anteil von 53% am Investmentvolumen eine wichtige Rolle spielen.
Für den langfristigen Erfolg werden drei Faktoren entscheidend sein:
1. Konsequente Integration von ESG-Kriterien in Immobilie und Betrieb
2. Flexible Betreibermodelle, die faire Risikoverteilungen ermöglichen
3. Präzise Standort- und Marktanalysen unter Berücksichtigung sich wandelnder Nachfragemuster
Für Investoren, die diese Faktoren berücksichtigen, bietet der aktuelle Markt attraktive Einstiegsmöglichkeiten. Die Preiserwartungen von Verkäufern und Käufern nähern sich wieder an, was sich in einer seit Ende 2023 stabilen Spitzenrendite von 5,25% für Hotelimmobilien widerspiegelt.
Fazit
Die Hotelbranche beweist nachhaltige Stärke und zeigt eindrucksvoll, dass Totgesagte länger leben. Der Markt bietet ein attraktives Zeitfenster für strategische Investments, untermauert durch robuste operative Kennzahlen: Der RevPAR-Wert lag im Oktober 2024 im europaweiten Durchschnitt etwa 15% über dem Vor-Corona-Niveau von 2019 und damit rund 75% über dem Tiefstwert von 2020. Nach dem Aufholprozess hat sich die Entwicklung seit 2023 auf einem stabilen, leicht positiven Niveau eingependelt (ca. 2% yoy). Europa hat seine Position als bevorzugte Destination weiter ausgebaut, was sich in konstant hoher Nachfrage widerspiegelt. Die Marktrealität erfordert dabei einen differenzierten Ansatz: Erfolgreiche Investoren kombinieren operative Expertise, konsequentes ESG-Management und flexible Betreiberstrukturen.
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*) Manuel Bugl, Geschäftsführer Wealthcore Investment Management
Gastbeitrag Hotelimmobilien: Renaissance einer totgesagten Assetklasse
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Manuel Bugl