Wir glauben zudem, dass sich diese Rotation in Value-Aktien bis in die zweite Jahreshälfte 2021 fortsetzen kann. Wachsende Inflationssorgen werden die Anleiherenditen stärker unter Aufwärtsdruck setzen, und schlussendlich zu einer steileren Renditekurve führen. Historisch gesehen profitieren Value-Titel deutlich mehr von einer steileren Renditekurve als Wachstumswerte. Jeder Eindruck, dass die Zentralbanken nicht in der Lage sein werden, die Zinsen lange stabil zu halten, wird diesen Trend wahrscheinlich beschleunigen.
Während die sich verändernde Makro-Landschaft wohl als Hauptkatalysator für die Rotation in Value-Aktien angeführt werden kann, kann auch der günstigere Preis der Value-Titel als zusätzliche Kraft ergänzt werden. Ende letzten Jahres wurde das günstigste Price-to-Earnings-Quintil (P/E) des S&P 500 mit einem Abschlag von 43% zum Median des Marktes gehandelt. Im langfristigen Durchschnitt liegt der Abschlag bei 31%. Während die starke Value-Rally in diesem Jahr diesen „Bewertungsabschlag“ reduziert hat, bleiben die Titel günstig und werden derzeit immer noch mit einem Abschlag von 37% gehandelt.
Aber auch hier muss zwischen Chancen und Risiken abgewogen werden. Anleger sollten Aspekte wie die Gewinnentwicklung und die Qualität von Bilanzen berücksichtigen, wenn sie nach Value-Investments suchen. Während der Covid-19-Pandemie mussten einige Unternehmen Schulden aufnehmen. Diese weisen nun Gewinne auf, die vielleicht im Verhältnis zum Eigenkapital solide anmuten, aber weniger attraktiv sind, wenn man auf die Unternehmensbewertung schaut, in die auch die Schulden mit einfließen. Wir bevorzugen qualitativ hochwertige Value-Aktien, die für die Post-Covid-19-Welt am besten positioniert sind.
Wir haben unsere positive Einstellung gegenüber Value-Titeln seit dem letzten Sommer beibehalten und erwarten, dass sich diese aufgrund des aktuellen Makro- und Bewertungsumfeldes auch in der zweiten Jahreshälfte gut entwickeln werden.
Wenn wir aber die Geschichte als Maßstab nehmen, dann können Rotationen nach Value nach einer signifikanten Schwächephase dennoch langwierig sein. Trotzdem sind alle Zyklen unterschiedlich. Die makroökonomische Dynamik wird sich auf dem Weg zum Jahr 2022 unweigerlich abschwächen, und einige der Trends, die Wachstumsaktien in den letzten fünf Jahren unterstützt haben – beispielsweise der Aufstieg der großen und profitablen Tech-Unternehmen - werden sich wahrscheinlich wieder durchsetzen. Längerfristig wird dies wahrscheinlich zu einer stärkeren Dominanz von Marktfaktoren führen. Dennoch bleibt Value günstig, und die Welt sieht nach Covid-19 mit höherer Inflation und höheren Zinsen für Value-Anleger attraktiver aus als in den vergangenen fünf Jahren.
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*) Jonathan White, Leiter der Anlagestrategie, AXA Investment Managers Rosenberg Equities