IPE D.A.CH: Herr Heigl, Mietendeckel, Umwandlungsbremse – man könnte meinen, der Eigentumsmarkt ist ein raues Pflaster. Warum investieren Sie trotzdem in ein Privatisierungsunternehmen?
Heigl: Wir als die Bayerische investieren in die Domicil Real Estate AG, weil uns beeindruckt hat, wie sie mit den Mietern beziehungsweise den potenziellen Selbstnutzern und Kapitalanlegern umgeht. Dies geschieht auf Augenhöhe und mit Respekt. Das ist für die Immobiliengeschäftswelt nicht immer selbstverständlich und hat auch mir persönlich imponiert. Gerade die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ist oft mit vielen Missverständnissen verbunden. Hier hat die Domicil einen Weg gefunden, konstruktiv mit den Mietern zusammenzuarbeiten und langfristige Mietverhältnisse über den Verkauf hinaus zu erhalten.
IPE D.A.CH: Wie machen Sie das, Herr Kaissar?
Kaissar: Wir sind kein reiner Privatisierer. Das ist unser Vorteil. Wir sind Investment- und Immobiliendienstleister. So kooperieren wir mit der Bayerischen seit nunmehr sechs Jahren vor allem im Bereich der Finanzierung. Gemeinsam haben wir bisher Projekte mit einem Investitionsvolumen von über 640 Mio. Euro realisiert, was rund 4.000 Wohneinheiten entspricht. Dabei bewegen wir uns, wie ich es gerne nenne, in der „Golf-Klasse“, also im mittleren Preissegment. Wir kaufen Pakete, die teilweise 500 Wohnungen und mehr enthalten, und halten diese ein bis drei Jahre. Dabei achten wir darauf, dass wir unsere Mieter kennenlernen und mit ihnen gemeinsam schauen, ob es zum Kauf der gemieteten Wohnung kommen kann – momentan sind unter unseren Käufern bis zu 10-15% ehemalige Mieter, das ist im Branchenvergleich ein guter Wert. Grundsätzlich haben wir uns auf die Fahne geschrieben, dass wir alle Mieter sozialverträglich und fair behandeln. Unser Grundanliegen ist dabei, die Eigentumsquote in Deutschland zu erhöhen, um gerade der Mittelschicht, ob als Eigennutzer oder Kapitalanleger, die Altersvorsorge zu erleichtern.
IPE D.A.CH: Wie machen Sie dabei noch Ihren Profit?
Kaissar: Wie schon gesagt, kaufen wir größere Wohnungspakete, ähnlich wie im Großhandel. Dann schauen wir, wie hoch der Sanierungsbedarf ist. Doch wir machen keine Luxussanierung, wir analysieren eher, wo muss man eventuell noch was an der Fassade machen, wie sieht das Dach aus, sind die Fenster in einem ordentlichen Zustand usw. Denn wir wollen aus einem Golf keinen Porsche machen – wir adressieren die breite Mittelschicht, ob als Mieter oder Käufer. Ein Großteil unserer angekauften Wohnungen eignet sich für den Verkauf an unsere Zielgruppe. Der restliche Anteil der Wohnungen ist für eine Aufteilung nicht optimal geeignet, eignet sich aber dank der kontinuierlichen Mieteinnahmen oft gut für Portfolios von institutionellen Investoren. Hier arbeiten wir unter anderem mit der Unicredit Tochter Wealthcap oder einer der größten gewerblichen Pensionskassen Europas, der dänischen PFA, zusammen.
IPE D.A.CH: Wie sehen nun die Eckdaten Ihrer neuen Zusammenarbeit konkret aus?
Heigl: Wir wollen unsere Kooperation, die seit 2014 besteht, weiter vertiefen. Dabei sollen 250 Mio. Euro in Wohnimmobilien investiert werden. Das Kapital stellen wir der Domicil in Form einer neuen Kreditlinie zur Verfügung. Darüber hinaus beteiligen wir uns mit 10 Mio. Euro an der Domicil Real Estate AG. Mit der Bar- und Sachkapitalerhöhung sichern wir uns so einen 5,4-prozentigen Anteil am Grundkapital der Domicil Real Estate AG. Mit der Beteiligung wollen wir unsere strategische Partnerschaft weiter festigen und ausbauen und erhöhen den Wohnimmobilienanteil in unserem Investitionsportfolio. Wir arbeiten bereits lange mit der Domicil zusammen und nutzen mit der Beteiligung die Chance, an einem stark wachsenden Unternehmen mit nachhaltigem Geschäftsmodell zu partizipieren.
Kaissar: Das Vertrauen der Bayerischen in unser Geschäftsmodell und in unser Unternehmen ehrt uns. Nun heißt es für uns, auch die entsprechenden Objekte zu finden. Dabei prüfen wir vorher jede Immobilie, ob sie in das Risikoprofil der Bayerischen passen würde. Der Vorteil unserer langjährigen Zusammenarbeit kommt dabei voll zur Geltung. Wir wissen, was zu den Kreditbedingungen der Bayerischen passt, denn wir sind inzwischen ein gut eingespieltes Team.
IPE D.A.CH: Hat die Corona-Krise Ihre Entscheidung beeinflusst, in Wohnen zu investieren?
Heigl: Wohneigentum ist ein Sicherheitsfaktor in Krisenzeiten und hat durch die Corona-Pandemie noch an Attraktivität gewonnen. Dazu kommen niedrige Zinsen, die zudem eine steigende Nachfrage auf dem Immobilienmarkt mit sich bringen. Auch Investments in Immobilienunternehmen werden damit interessanter – vor allem in spezialisierte Firmen wie die Domicil, die durch ihre Expertise im Bereich der Privatisierung einen regelmäßigen Cash-flow abseits der Mieteinnahmen generieren können.
Kaissar: Das sehen wir bei der Domicil genauso. Gerade die Niedrigzinsen stärken insbesondere Menschen aus der Mittelschicht in ihrer Entscheidung, Wohneigentum zu erwerben. Man könnte fast sagen, Immobilien als Kapitalanlage sind im Mainstream angekommen. Besonders unsere Golf-Klasse-Immobilien sind bei Privatanlegern gefragt. Und wir konzentrieren uns voll darauf. Wir machen keine Altbauluxussanierung oder teuren Neubau. Wir konzentrieren uns auf Bestandsimmobilien, deren größter Vorteil die stabilen und angemessenen Mieteinnahmen sind. Dadurch haben unsere Käufer und auch wir gleich einen regelmäßigen Cashflow.
IPE D.A.CH: Und wo werden Sie das Geld der Bayerischen investieren?
Kaissar: In Lagen und Regionen, die eine langfristige Perspektive haben. Das werden dann nicht unbedingt A-Lagen in den Metropolen sein, sondern können zum Beispiel auch Städte wie Neu-Isenburg oder Ottobrunn sein. Wir schauen uns vermehrt in den Speckgürteln der großen deutschen Metropolen um. Für uns als mittelständischer Investment- und Immobiliendienstleister war das schon immer der Fall. Denn unser Kerngeschäft ist der An- und Verkauf von Wohnimmobilien im gesamten Bundesgebiet. Dabei stellt sich für die Domicil Real Estate Group nicht die Frage, ob wir in einer B- oder C-Region investieren, entscheidend ist die Frage „Wollen die Menschen dort wohnen?“, also verbindet diese Stadt oder Region all die Vorzüge, um sie als lebenswert zu bezeichnen. Wichtig auch: Gibt es dort Arbeit oder ist die Verkehrsinfrastruktur so gut ausgebaut, dass Pendeln kein Problem ist. Die prosperierende Rhein-Main-Region mit dem Zentrum Frankfurt am Main zeigt zum Beispiel, wie es geht.
IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke!