IPE D.A.CH: Mit welchen Themen beschäftigt sich Ihr Verband?
Gamper: Die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist ein wesentlicher Teil der Verbandsarbeit. Dies ist sehr umfangreich, denn neben der Fondsgesetzgebung haben auch viele andere Gesetze direkt und indirekt Auswirkungen auf die Fondsbranche. Der LAFV (Liechtensteinischer Anlagefondsverband) beabsichtigt einerseits, diese Gesetze aktiv weiterzuentwickeln, um die Attraktivität des Fondsstandortes kontinuierlich zu verbessern, andererseits muss er sich mit den europäischen Vorgaben auseinandersetzen. Dazu gehört das Monitoring auf europäischer Ebene bezüglich Richtlinien und Verordnungen der EU sowie der Guidelines der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA. So sind wir auf dem Laufenden, welche Neuerungen auf die Branche zukommen, was in absehbarer Zeit in nationales Recht umgesetzt werden muss und was direkt anzuwenden ist. Unsere Mitglieder werden über alle regulatorischen und in Bezug auf die Aufsichtspraxis relevanten Entwicklungen informiert und je nach Wunsch werden zusätzlich vom LAFV Hilfestellungen in Form von Workshops, Schulungen, Arbeitsgruppen, Musterdokumenten etc. organisiert. Sehr wesentlich ist auch der Informationsfluss zwischen der Branche und dem Gesetzgeber. Letzterer ist mit so vielen verschiedenen Themen konfrontiert und benötigt in verschiedenen Bereichen zusätzliche Fachexpertise. So konsultiert er Spezialisten der Finanzmarktaufsicht und diese wiederum beraten sich mit der Fondsbranche, die diesbezüglich vom LAFV repräsentiert wird. Darüber hinaus gibt es zwischen der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein und dem LAFV regelmäßig Gespräche, um die Rahmenbedingungen des Fondsstandortes stetig zu verbessern. Neben Rechtsthemen beschäftigt sich der Verband mit Steuerthemen, zum Beispiel, wie Fonds aufgrund von Steuerabkommen oder EU-Recht Doppelbesteuerungen vermeiden können, indem sie einbehaltene Quellensteuern für die Anleger des Fonds zurückfordern.
IPE D.A.CH: Gibt es eine Besonderheit bei der Positionierung des LAFV im Unterschied zu Verbänden anderer Fondsstandorte?
Gamper: Einmalig in Europa ist, dass der nationale Verband das offizielle Publikationsorgan für die Fondsbranche ist. Auf der Webseite des LAFV finden Sie die notwendigen Informationen zu allen liechtensteinischen Fonds, die publikationspflichtig sind. In den letzten vier Jahren wurde zudem ein Standortmarketing aufgebaut, denn so wie Luxemburg und Irland ist Liechtenstein ein Fondsstandort von dem aus Cross-Border Geschäft in ganz Europa getätigt wird. Allerdings sind die Vorteile des Fondsdomizils potentiellen Fondsinitiatoren noch viel zu wenig bekannt.
IPE D.A.CH: Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden aus?
Gamper: Der LAFV arbeitet auf nationaler Ebene regelmäßig mit anderen Finanzverbänden wie zum Beispiel dem Bankenverband, dem Verein unabhängiger Vermögensverwalter oder dem Versicherungsverband zusammen. Man stimmt sich ab und setzt sich für gemeinsame Interessen im regulatorischen Bereich oder im Bereich des Standortmarketing ein. Auf internationaler Ebene arbeitet der LAFV vor allem mit anderen Fondsverbänden zusammen. Der Verband ist Mitglied der EFAMA (European Fund and Asset Management Association), der europäischen Interessenvertretung der Fondsbranche sowie der IIFA (International Investment Fund Association). Zur EFAMA gehören fast alle Fondsverbände des EWR sowie einiger Drittstaaten. Der deutsche Fondsverband BVI, den ich ganz besonders schätze, ist ebenso Teil dieser paneuropäischen Organisation. Diese Zusammenarbeit ist aus meiner Sicht besonders wichtig, vor allem für einen kleinen Verband wie den LAFV.
IPE D.A.CH: Ihre Kernaufgabe ist die Verbandsarbeit für die Fondsindustrie. Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen „Standort-Marketing-Agenturen“ in Liechtenstein aus? Wie betreiben Sie Networking, spielen Sie sich die Bälle zu?
Gamper: Richtig, wie bereits erwähnt, ist Marketing nur einer von mehreren Teilbereichen, der zudem erst in den letzten vier Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen, um den Finanzplatz zu promoten, haben die Finanzverbände sowie andere Berufsvereinigungen, die Interesse an der Finanzbranche bekunden, den gemeinsamen Verein Liechtenstein Finance gegründet. Es gab ihn zwar schon länger, aber eigene Mitarbeiter hat der Verein erst seit Beginn 2020. Natürlich stehe ich in regem Kontakt mit Liechtenstein Finance. Wir tauschen Erfahrungen aus, stimmen unsere Termine ab und liefern uns gegenseitig fachlichen Input. Wir nutzen manchmal auch die Ressourcen und das Fachwissen von Liechtenstein Marketing, das für den Bereich Tourismus und Wirtschaft zuständig ist.
IPE D.A.CH: Auf die Fondsindustrie bezogen – warum kann der Standort Liechtenstein in Abgrenzung zu Mitbewerbern in der DACH-Region für Fondsanbieter von besonderem Interesse sein?
Gamper: Der Fondsplatz bietet rechtlich, im Rahmen der europäischen Vorgaben, die Liechtenstein aufgrund seiner EWR Mitgliedschaft einhält, sehr viel Flexibilität. Dies sieht man bereits bei den vielfältigen Rechtsformen für Fonds, es äußert sich aber vor allem in vielen kleinen Punkten, die oft entscheidende Vorteile bringen. Sehr wesentlich ist die offene Gesprächshaltung der Finanzmarktaufsicht. Die wichtigsten Aufgaben der Finanzmarktaufsicht sind die Aufsichts- und Schutzfunktion, aber sie ist auch offen gegenüber den Bedürfnissen des Marktes und jederzeit für Gespräche mit Marktteilnehmern und deren Anliegen bereit. Dies wirkt sich auf die Prozesse bei Fondsgründungen, aber auch in der laufenden Fondsadministration positiv aus. So dauert die Bearbeitung einer Zulassung bzw. einer Vertriebsanzeige in der Regel weniger als fünf Arbeitstage. Attraktiv ist ebenso die Steuergesetzgebung. 12.5 % beträgt der Ertragssteuersatz für Unternehmen. Mit der Bezahlung dieser Flat-Tax ist alles abgegolten, denn Liechtenstein kennt weder Kapital- noch Couponsteuer. Auch ein Ausschüttungszuschlag oder Steuern auf Dividenden sowie Kapital- und Liquidationsgewinne auf Beteiligungen fallen nicht an. Steuerliche Auswirkungen hat ferner die Zollunion mit der Schweiz. Der gemeinsame Mehrwertsteuersatz beträgt 7,7 % und ist der mit Abstand niedrigste Wert im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Fonds wiederum sind in Liechtenstein effektiv steuerbefreit. Es gibt weder Ertragssteuern noch eine Taxe d’abonnement (subscription tax).
IPE D.A.CH: Corona-Zeiten fördern den Digitalisierungstrend. Sind Veranstaltungen, seien es Webinare oder Präsenzveranstaltungen geplant? Welche Formate gibt es hier?
Gamper: Wir haben in Deutschland drei Formate mit physischer Präsenz. Der LAFV organisiert jährlich in Düsseldorf und München Veranstaltungen zu Fondsthemen. Im Rahmen der Finanzplatzveranstaltung von Liechtenstein Finance in Frankfurt halten wir einen Fonds-Workshop ab und zudem führen wir gemeinsam mit anderen liechtensteinischen Finanzverbänden in verschiedenen Städten Roundtable-Gespräche. Leider mussten aufgrund von Covid-19 für das Jahr 2020 bisher alle Veranstaltungen abgesagt werden. Da wir den direkten Kontakt als effizienter ansehen, sind wir nicht auf Webinare umgestiegen. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder wie gewohnt aktiv sein können. Sollte uns Covid-19 allerdings noch länger beschäftigen, so müssen wir sicherlich über Alternativen, wie zum Beispiel Webinare, nachdenken.
IPE D.A.CH: Vielen Dank für das Gespräch.
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*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info@markus-hill.com; Website: www.markus-hill.com
Link: LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband