Foundation | Welcome

Menu


Gastbeitrag: BNY Mellon und FASB als Frühlingsboten im Krypto-Winter

Mitte Oktober wurden in den USA zwei Meldungen veröffentlicht, welche der Welt der Krypto-Anlagen neue Perspektiven eröffnen: BNY Mellon, Amerikas älteste Bank und die weltweit größte Depotbank, bietet seit dem 11. Oktober auch Custodian-Dienste für die digitalen Währungen Bitcoin und Ethereum an. Zugleich macht es eine am 13. Oktober beschlossene Änderung des Financial Accounting Standards Board (FASB) für US-börsennotierte Unternehmen erheblich attraktiver, Kryptowährungen zu halten. Eine Reihe von Finanzriesen haben darauf direkt reagiert und ihre Aktivitäten im Kryptosegment ausgeweitet.

Jan Altmann

Die Mitte Oktober veröffentlichte Mitteilung der BNY Mellon dürfte eine der wichtigsten Neuigkeiten für den Kryptosektor des Jahres 2022 sein: In einer Presseerklärung verkündete die Bank, dass sie ab sofort ihren Kunden anbietet, auch die digitalen Vermögenswerte Bitcoin (BTC) und Ethereum (ETH) zu verwahren und zu transferieren. Zudem werden Verwaltungsdienstleistungen angeboten, welche Fondsmanager für traditionelle Vermögenswerte nutzen.

Zur Erinnerung: BNY Mellon ist der weltweit bedeutendste Anbieter solcher Custodian-Services. Die Bank verfügt über 43,0 Billionen US-Dollar an verwahrten und/oder verwalteten Vermögenswerten – das ist in etwa so viel wie die Wirtschaftsleistung der USA, Indiens und Japans im Jahr 2022 zusammengenommen. Nach eigenen Angaben hat die Bank ihre Hand auf gut 20% der weltweit investierbaren Anlagen. Wenn eine solche Adresse, die sich immerhin seit 238 Jahren im Bankgeschäft befindet, in den Kryptosektor einsteigt, dann hat das eine Signalwirkung. Nach Angaben von BNY Mellon wurde der Einstieg in den Sektor über mehr als zwei Jahre lang vorbereitet.

BNY Mellon steht mit ihrem Schritt übrigens nicht allein auf weiter Flur. Euroclear, die globale Nummer Drei im Markt der Wertpapierverwahrer, gab im März bekannt, dass sie im Verbund mit anderen Banken ein tokenisiertes Zahlungssystem für Vermögenswerte aufbauen will.

Der Einstieg von BNY Mellon wird bei zahlreichen Institutionelle Anlegern ein entscheidendes Hemmnis für ein Engagement im Kryptowährungen beseitigen: Die Möglichkeit, Assets bei einem etablierten Custodian verwahren zu können, ist für viele Asset Manager eine Grundvoraussetzung. Institutionelle Anleger können diese Hürde auch auf einem anderen Weg bewältigen, nämlich durch ein Investment in börsennotierte Cryptocurrencies (ETC), die von Anbietern wie der ETC Group auch als deutsche Wertpapiere mit physischer Hinterlegung angeboten werden und damit nur ein geringes Emittentenrisiko in sich bergen. Allerdings ist der Einstieg von BNY Mellon auch ein deutliches Signal: Kryptowährungen sind in der etablierten Finanzwelt angekommen. Die Führung von BNY Mellon war offenbar in der Lage, ihren Kontrollgremien genau zu erklären, wie wichtig Bitcoin und Ethereum für ihre strategische Vision sind. Es wurde viel Zeit und das Kapital investiert, die für die Integration mit allen erstklassigen Dienstleistern in den Bereichen Krypto-Compliance, Handelsausführung und Marktdaten erforderlich waren. Diese Botschaft sollte für das Interesse an der digitalen Anlageklasse förderlich sein.

Wichtige Weichenstellung des FASB
Für steigende Nachfrage dürfte zudem eine Meldung von der Regulierungsfront sorgen. Zwei Tage nach der Veröffentlichung des Custodian-Giganten gab es eine weitere wichtige Weichenstellung für den Krypto-Sektor. Das Financial Accounting Standards Board (FASB) hat sich darauf geeinigt, den Zeitwert zur primären Bilanzierungsmethode für die Bewertung von Krypto-Assets zu machen. Bislang erfolgte die Bewertung zum Einstandswert abzüglich Wertberichtigungen: Wenn der Bitcoin-Kurs fiel, musste der Wert herabgesetzt werden. Kursanstiege konnten im Gegenzug aber nicht in der Bilanz abgebildet werden. Dank dieser Regeländerung wird für US-Unternehmen, die den Standards der FASB unterliegen, das Engagement im Bereich digitaler Vermögenswerte deutlich attraktiver.

Geringe Korrelation mit anderen Vermögenswerten
Zwar sind die Kryptos nach wie vor durch starke Wertschwankungen gekennzeichnet, dafür weisen sie eine geringe Korrelation mit der Wertentwicklung anderer Assetklassen auf – so kann durch Verteilung auf mehrere Assetklassen das Risiko des Gesamtportfolios ausbalanciert werden. Der Bitcoin als größte Kryptowährung der Welt hat beispielsweise eine Korrelation von 0,36 zum weltweiten Aktienindex MSCI World und auch zum Technologieindex Nasdaq, wie eine Analyse über einen Zeitraum von drei Jahren zeigt. Deutlich wurde dies erst jüngst im turbulenten Börsenmonat September, als der Nasdaq 100 eine volatile Entwicklung zeigte und rund 9% an Wert verlor. Der Bitcoin handelte in dieser Zeit recht stabil im Bereich zwischen 19.000 und 20.000 US-Dollar. Das Image, dass Kryptos nur ein Anhängsel der Tech-Indizes sind, lässt sich somit nicht aufrechterhalten.



Auch wenn nach wie vor viele Regulierer und auch Anleger Vorbehalte gegen Kryptowährungen hegen, ist ein kontinuierlicher Anstieg der Nachfrage zu verzeichnen. Daher war es besonders interessant zu beobachten, wie globale Finanzriesen ihr Krypto-Engagement inmitten des Krypto-Winters verdoppelten, während sich die Bitcoin-Preise um 72% unterhalb ihres Allzeithochs bewegen, sich in den letzten vier Monaten jedoch im Bereich von 18.000 bis 20.000 US-Dollar stabilisiert haben. Die Zahl der Bitcoin-Besitzer strebt gleichzeitig von einem Allzeithoch zum nächsten: Die Zahl der Anleger, die den Vermögenswert halten, liegt aktuell bei 47 Millionen – das sind neun Millionen mehr als noch vor zwölf Monaten.

---
*) Jan Altmann ist Director Investment Strategy der ETC Group. Er gehört zu den Pionieren des ETF-Marktes in Deutschland und ist ausgewiesener Experte für Exchange Traded Products (ETPs).