Renditen erzielen Anleger am Kapitalmarkt durch die Übernahme von systematischen und unsystematischen Risiken. Systematisch sind Risiken, die prinzipiell nicht vollständig diversifiziert werden können. Ein in internationale Aktien- und Anleihemärkte investiertes Portfolio wird – trotz sehr breiter Streuung über unterschiedliche Wertpapiere – immer dem Trend am Weltaktienmarkt sowie der Zinsentwicklung ausgesetzt sein. Weltmarkt- und Zinsrisiken gelten als systematische Risiken, die in der Regel auf der Ebene der Asset Allokation bewirtschaftet werden. Entsprechend ist die Asset Allokation die Ausrichtung eines Portfolios auf die systematischen Risiken und damit die langfristigen Risikoprämien am Kapitalmarkt. Unsystematische Risiken kommen ins Spiel, wenn bewusst auf Diversifikation verzichtet und in einzelne Wertpapiere investiert wird, z.B. in eine Auswahl von Aktien. Ein solches Vorgehen ist verbunden mit der Erwartung, dass die selektierten Titel eine diversifizierte Anlage beispielsweise in einen Aktienindex in der Performance übertreffen. Einzeltitelselektion oder auch die Ausrichtung auf einen Faktorstil wie Value, Growth, Quality, Size oder Momentum dienen der Erschließung von außerordentlichen Renditechancen durch gezielte Übernahme von spezifischen Risiken.
Die Erschließung der Renditequellen sowohl auf der Allokationsebene als auch der Selektionsebene ist eine essentielle Grundvoraussetzung für die Erzielung von positiven Renditen über den Marktzyklus. Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass sowohl die systematischen Risikoprämien auf der Allokationsebene als auch die Überrenditemöglichkeiten auf der Selektionsebene über die Zeit stark variieren und daher ein kompetentes aktives Management voraussetzen. Neben geeigneten operativen Prozessen geht es dabei vor allem um die strukturierte Analyse umfassender Datenmengen, um Allokations- und Selektionsentscheidungen zu treffen. Die absoluten und relativen Renditen der verschiedenen Anlageklassen auf der Allokationsebene werden von wirtschaftlichen Erwartungen, geopolitischen Ereignissen und der allgemeinen Risikobereitschaft bzw. dem Sentiment der Marktteilnehmer beeinflusst. Die absoluten und relativen Renditen einzelner Wertpapiere unterliegen ebenfalls diesen Makroeinflüssen, werden aber zusätzlich noch von spezifischen fundamentalen Daten und individuellen Kursverläufen bestimmt. Eine profunde Analyse von makroökonomischen und fundamentalen Daten, von historischen Preisentwicklungen für Wertpapiere sowie allen möglichen Wechselwirkungen gehört also zum täglichen Handwerkszeug, wenn mit hoher Verlässlichkeit positive Erträge erwirtschaftet werden sollen.
Machine Learning-Algorithmen: Neue Wege für die Erwirtschaftung von Mehrwerten am Kapitalmarkt
Das maschinelle Lernen aus sehr großen und heterogenen Datenmengen in Entscheidungsprozessen gehört zu den Stärken moderner Infrastrukturen der Künstlichen Intelligenz (KI). Die Möglichkeiten, mit neuronalen Netzen komplexe Wirkungszusammenhänge zwischen makroökonomischen, fundamentalen und Preisdaten eines großen Anlageuniversums dynamisch zu erfassen, vor allem auch nichtlineare Beziehungen, macht KI-basierte Anlageprozesse für die Umsetzung von robusten Anlagestrategien besonders geeignet. In unserer KI-Infrastruktur sind beispielsweise rigoros trainierte Machine Learning-Algorithmen im Einsatz, die in einem holistischen Modell aus makroökonomischen und fundamentalen Einflussgrößen sowie den Preisbewegungen am Kapitalmarkt täglich Selektions- und Allokationssignale generieren. Pro Handelswoche und Aktienuniversum stehen mehrere Millionen systematisch aufbereitete Datenpunkte für die ganzheitliche Analyse zur Verfügung. Um aus dieser enormen Datenmenge entscheidungsrelevantes Wissen schöpfen zu können, benötigt es eine performante Speicher- und Recheninfrastruktur. Hierbei kommt dem Einsatz von Cloud Computing eine entscheidende Rolle zu; das flexible und kosteneffiziente Buchen von Rechen- und Speicherkapazitäten erlaubt es heutzutage, alle technischen Voraussetzungen zu schaffen, um basierend auf einer umfassenden Datengrundlage bessere Anlageentscheidungen treffen zu können. Die weltweiten Forschungsbemühungen, um die Einsatzmöglichkeiten von KI im Asset Management auszuloten, tragen zu einer rasanten Wissensentwicklung bei. Daraus werden in den nächsten Jahren neue Wege für die Erwirtschaftung von Mehrwerten am Kapitalmarkt entstehen.
Wie KI in der Praxis zum Einsatz kommen kann, zeigt der Anlageprozess des ART AI EURO Balanced - basierend auf einem von Othoz entwickelten Machine Learning-Modell zur Aktienauswahl. Dieses verknüpft eigene Forschung im Bereich des maschinellen Lernens aus großen Datenmengen und die rigorose Anwendung statistischer Verfahren mit etablierter Kapitalmarktforschung. Die Algorithmen analysieren bewertungsrelevante Daten kontinuierlich und detailliert. Dadurch werden nicht-lineare und hochkomplexe Zusammenhänge im Entscheidungsprozess und marktrelevante Strukturveränderungen frühzeitig erkannt. Ziel der defensiven Strategie ist es, auch in Niedrigzinsphasen stabile, positive Renditen bei einem im Vergleich zum Aktienmarkt reduzierten Verlustrisiko zu erzielen. Um dies in jedem Marktumfeld bestmöglich zu gewährleisten, wird der Investitionsgrad des Fonds durch die Auswahl europäischer Aktien und Anleihen flexibel zwischen 0% und 50% gesteuert.
KI meistert Turbulenzen überdurchschnittlich gut
Wie die beschriebenen Anlageziele über verschiedene Marktphasen hinweg bestmöglich zu erreichen sind, verdeutlicht die flexible Steuerung der Aktienquote des ART AI EURO Balanced durch die Auswahl europäischer Aktien zwischen 0% und 50%. Nach dem sequentiellen Aufbau des Portfolios lag die Aktienquote des Fonds Ende Oktober 2019 bei 39,99%. Im weiteren Verlauf des Jahres entwickelte sich diese vergleichsweise unauffällig und lag Ende Dezember 2019 bei 45,16%. Seit Anfang 2020 setzte ein klarer, hauptsächlich makroökonomisch-getriebener Trend ein. In dessen Folge wurde die Aktienquote im ersten Quartal 2020 kontinuierlich und konsequent reduziert. So sank die Quote von 45,16% auf 19,67% Ende Januar, 7,21% Ende Februar und 2,69% Ende März. Im Verlauf dieses Risiko reduzierenden Anpassungsprozesses blieben hauptsächlich Aktien aus defensiveren Sektoren (Utilities, Real Estate) im Portfolio. Aufgrund der effektiven Steuerung des Aktienengagements konnte der Fonds die außergewöhnlich hohen Volatilitäten und massiven Kurseinbrüche infolge der globalen Corona-Pandemie wirksam abfedern. In den folgenden Monaten, in denen wieder etwas Zuversicht an den Märkten aufkeimte, kam es zu einem sequentiellen Anstieg der Quote auf 34,35% Ende April, 39,91% Ende Mai und 42,62% Ende Juni.
Abb. 1: Aktienquote im Zeitverlauf
Das Beispiel zeigt: Ein Machine Learning-basiertes Anlagekonzept kann die Kapitalmarktturbulenzen der vergangenen Monate überdurchschnittlich gut meistern, denn Anleger profitieren nicht nur von einer attraktiven Zielrendite. Auch auf Seiten des Risikomanagements kann eine Anlagestrategie auf Basis künstlicher Intelligenz einen deutlichen Mehrwert generieren. So liegt die Volatilität der aktiven Aktienstrategie unseres Beispiels bei 4,86% und der maximale Drawdown fällt mit 3,34% signifikant niedrig aus.
Künstlicher Intelligenz bietet also erhebliche Potentiale in der Kapitalanlage, da Machine Learning mehrere Einflussgrößen gleichzeitig analysiert, die Komplexität besser erkennt und sich als selbstlernendes Modell sich wechselnden Marktregimes anpasst. Um die Chancen bestmöglich zu nutzen, sollte Anleger auf Gesellschaften setzen, die in die weltweite Wissensentwicklung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz eingebettet sind, im engen Austausch mit führenden Universitäten stehen und über entsprechendes Know-how bei den handelnden Personen verfügen. Das interdisziplinäre Team von Othoz ist beispielsweise mit Experten aus den Bereichen Finance, Computer und Data Science sowie Mathematik, Physik und Neurowissenschaften zusammengesetzt. Denn nur mit Qualität können Machine Learning-Modelle konsistent weiterentwickelt werden und so für Anleger einen nachhaltigen Mehrwert am Kapitalmarkt erwirtschaften.
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*) Dr. Daniel Willmann, Mitgründer und Managing Partner, Othoz Capital GmbH