Daher verwundert es nicht, dass sich einige Marktakteure inzwischen fragen, wie hoch die Multiplikatoren in den kommenden Jahren noch klettern werden. Fakt ist jedenfalls, dass die Mieten nicht unendlich gesteigert werden können – denn auch wenn die Preiselastizität der Nachfrage nach Wohnraum in vielen Metropolen sehr gering ist, so ist sie dennoch nicht null.
Umso wichtiger ist vor dem Hintergrund der angespannten Märkte allerdings die Frage, wie effizient die eigenen Immobilienbestände gemanagt und optimiert werden. Ähnlich wie bei Büroimmobilien, bei denen ein hochwertiges Asset- und Property-Management zu immer wichtigeren Erfolgsfaktoren werden, können auch im Wohnsegment die richtigen Managementstrukturen eine stabile Performance gewährleisten.
Die Herausforderungen werden zahlreicher
Die stärkere Fokussierung auf das Immobilienmanagement als wertschöpfenden Faktor ist auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Umweltauflagen wichtig. Zunächst einmal gilt es, wirtschaftliche Schäden zu vermeiden, denn die möglichen Fallstricke sind zahlreich. Dazu gehören unter anderem zahlreiche Herausforderungen bei der Ertüchtigung der Immobilienbestände. Wer beispielsweise heute eine Immobilie kauft, muss sämtliche Heizungsanlagen austauschen, die älter als 30 Jahre sind – eine verwaltungstechnische Großaufgabe. Einen Bestandsschutz oder Ähnliches gibt es nicht. Gerade für frisch angekaufte Bestandsportfolios ist schnelles Handeln wichtig. Dafür sorgt nicht nur der Gesetzgeber. Wenn erst einmal ein Leck oder ein Brand entstanden ist, bedeutet das nicht nur empfindliche finanzielle Einbußen, sondern womöglich sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Mieterschaft.
Aber nicht nur aktuelle, sondern auch zukünftige rechtliche Bestimmungen sollten rechtzeitig berücksichtigt werden. Beispielsweise kann eine Wärmedämmung noch so groß angelegt sein – wird im Rahmen der Arbeiten nicht das Differenzdruck-Messverfahren (ein sogenannter Blower-Door-Test) angewandt, kann es geschehen, dass beispielsweise im Rahmen einer beantragten KfW-Förderung oder als Finanzierungsauflage ein solcher Test im Nachhinein gefordert wird. Besteht die Immobilie diesen Test nicht, muss die Dämmung nochmals erneuert werden. Wird hingegen bei einer Anpassung der Raumzuschnitte der Trockenbau nicht vollumfänglich zertifiziert, kann es passieren, dass die gesamte Arbeit in wenigen Monaten oder Jahren erneut gemacht werden muss. Gerade in Zeiten steigender Baukosten kann dies ein gesamtes Investment in Schieflage bringen.
Neben diesen direkt entstehenden Kosten können für Eigentümer aber auch indirekte Kosten anfallen: Zahlreiche kleinere Hausverwaltungen verfügen über keinen eigenen Energiegutachter sowie Architekten und haben auch keine Rechtsabteilung. Diese Dienstleister müssen vom Eigentümer zusätzlich eingekauft und gesteuert werden. Größere Hausverwalter können diese Strukturen jedoch inhouse abbilden und zusätzlich Skaleneffekte nutzen. Beim Neuerwerb eines Portfolios könnten beispielsweise sämtliche zu erneuernden Aufzüge, Sanitär- und Heizungsanlagen sowie weitere nötige Baustoffe zentral und mit Preisvorteil eingekauft werden. Hierzu können die Prozesse zentral gesteuert werden, sodass bei sämtlichen Immobilien einheitliche Qualitäts- und Reporting-Standards geschaffen werden.
Den Bestand effizienter nutzen
Neben den reinen Emissionswerten existieren noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, den ökologischen Fußabdruck eines Wohnimmobilienportfolios zu reduzieren. Besonders ein Aspekt spielt dabei auch wirtschaftlich eine große Rolle: die effizientere Nutzung des Bestands. So hat das Umweltbundesamt vor einigen Jahren das Ziel formuliert, eine komplette Flächenkreislaufwirtschaft bis zum Jahr 2050 zu realisieren und kein neues Bauland auszuweisen. Rein ökonomisch gesprochen ergibt sich für Eigentümer durch den Ausbau von Dachgeschossen sowie durch die Nachverdichtung von neu errichteten Gebäuden auf ungenutzten Freiflächen die Möglichkeit, das Verhältnis von Grundstücks- und Nutzfläche zu optimieren.
Um das zu realisieren, muss der Bestandshalter jedoch zum Projektentwickler werden – und gerade einige Investorentypen wie kleinere Family-Offices können die dafür nötigen technischen und juristischen Kompetenzen nicht selbst abbilden. Daher ist es nur sinnvoll, dass inzwischen einige größere Immobilienverwalter dazu übergegangen sind, diese Ausbau- beziehungsweise Entwicklermaßnahmen verstärkt selbst zu koordinieren. Dabei können sie in der Regel auf das Wissen über die tatsächliche Nutzung zurückgreifen, welches sich durch ihre Verwaltungstätigkeit und die Vor-Ort-Erfahrung gesammelt hat.
Manage to Core – auch im Wohnsegment
Dieselben Strukturen können jedoch auch dafür genutzt werden, dass selbst defensivere Investoren oder Akteure ohne eigene Immobilienkompetenz verstärkt im Value-Add-Segment tätig werden. Hierbei können sie die sehr niedrigen Anfangsrenditen umgehen, indem sie mithilfe des Verwalters gezielte Modernisierungsmaßnahmen identifizieren, welche für sich genommen eine jährliche Rendite von 10% oder sogar 20% erzielen können. Dies steigert wiederum die gesamte Performance der jeweiligen Objekte. Doch dabei kommt es – frei nach dem Ökonomen Peter Drucker – nicht nur darauf an, die Dinge richtig zu machen, sondern auch die richtigen Dinge in Angriff zu nehmen. Ist dies der Fall, können trotz hoher Einstiegspreise gute Wertzuwächse erzielt werden.
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*) Worna Zohari FRICS, CEO, REANOVO Deutschland